Der Streit um den geplanten Aufmarsch von etwa 1000 Rechtsextremisten auf dem Soldatenfriedhof in Halbe (Dahme-Spreewald) am Volkstrauertag spitzt sich offenbar zu. Nach MAZ-Informationen ist zu erwarten, dass das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) heute die für den nächsten Sonntag vorgesehene Großdemonstration untersagen wird. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hatte die Behörde “angewiesen, alle rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten auszureizen”. Schönbohm sprach von einer “Provokation und Störung der Totenruhe”, die “unerträglich” sei und nicht hingenommen werde.
Dass sich die Neonazis mit einem Demonstrationsverbot in Halbe abfinden werden, ist jedoch nicht zu erwarten. “Es wird ein Rechtskampf bis zum letzten geführt werden und wenn es sein muss vor dem höchsten deutschen Gericht”, kündigte der Anmelder der Demonstration, Lars J., im Internet an — “mit kameradschaftlichem Gruß”. Wie sicher sich die rechtsextreme Szene fühlt, zeigt der Terminhinweis auf den geplanten Aufmarsch in Halbe am Volkstrauertag 2003 — “Treffpunkt 12.00 Uhr” heißt es.
Schönbohm strebt angesichts dessen eine grundsätzliche Klärung des Problems an. Der Minister sprach sich gegenüber dem “Berliner Kurier” für eine Änderung des Demonstrationsrechts aus. An Orten mit hohem Symbolwert und einer “gewaltigen außenpolitischen Wirkung” sollte das Versammlungsrecht eingeschränkt werden. “Es darf nicht länger hingenommen werden, dass Neonazis mit Sieg- Heil-Rufen Soldatenfriedhöfe missbrauchen und damit auf den Gefühlen der Angehörigen herumtrampeln”, forderte der Minister. Genauso wenig wie in Halbe hätten solche Aufmärsche etwas am Brandenburger Tor oder am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig zu suchen.
Der als Redner bei der rechtsextremen Demonstration in Halbe vorgesehene Christian Worch gilt als eine Schlüsselfiguren in der Neonazi-Szene. Der 46-jährige Notariatsgehilfe aus Hamburg wurde schon 1977 wegen der Ehrung der 1947 in Nürnberg hingerichteten Kriegsverbrecher verurteilt. 1980 erhielt er mehrere Gefängnisstrafen, die nach Angaben des Informationsdienstes gegen Rechtsextremismus zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zusammengefasst wurden. 1994 wurde Worch erneut zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er gegen das Verbot der neonazistischen Organisation verstoßen hatte.
Auf dem größten deutschen Soldatenfriedhof sind etwa 22 000 Soldaten und Zivilisten bestattet, die bei der Kesselschlachten bei Halbe im Frühjahr 1945 ums Leben kamen. Hinzu kommen 6000 Opfer des sowjetischen Internierungslagers Ketschendorf. Der Friedhof in Halbe war schon 1990 und 1991 am Volkstrauertag Schauplatz rechtsextremer Aufmärsche. Seither wurde jeder Aufmarsch verhindert.