Handschuhe für Nazi-Symbole
Diskomord-Prozess in Frankfurt (Oder) wurde fortgesetzt
(MAZ) FRANKFURT (ODER) Im Diskomord-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt (Oder)
haben zwei Angeklagte ihre an SS-Runen erinnernde Finger-Tätowierungen
verhüllen müssen. Am gestrigen zweiten Verhandlungstag trug der
Hauptbeschuldigte Matthias R. (23) eine Bandage über der Hand. Der
Mitangeklagte Maik W. (21) zog erst im Saal Gummi-Handschuhe über. Der
Staatsanwalt hatte zu Prozessbeginn Ermittlungen angedroht, falls die
NS-Zeichen weiter zu sehen werden. Auch der Vorsitzende Richter stellte
klar, dass er eine Zurschaustellung der Zeichen nicht dulden werde. In dem
Prozess müssen sich insgesamt sechs Angeklagte wegen der Vorwürfe des
Mordes, der Beihilfe zum Mord, des Raubes und der unterlassenen
Hilfeleistung verantworten. Die 19 bis 26 Jahre alten Beschuldigten sollen
am 1. Juni des vergangenen Jahres in Neu Mahlisch (Märkisch-Oderland) einen
29-jährigen Mann misshandelt und beraubt haben. Matthias R. habe das Opfer
dann aus Angst vor einer Anzeige mit einem Messer ermordet. Ein Angeklagter
sagte gestern er habe vom Auto aus beobachtet, wie vier seiner Kumpanen den
Mann zu Boden schlugen und dann weiter auf ihn eintraten. Bei der Bluttat
selbst sei er nicht dabei gewesen. Er habe aber dem blutbefleckten Matthias
R. anschließend vorgeschlagen, die Sachen zu verbrennen. Auf die Frage,
warum er getötet habe, habe R. ihm am nächsten Tag geantwortet, er wisse das
nicht. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Das Urteil soll
voraussichtlich am 6. März verkündet werden.
Warnsignal
Kommentar von Jutta Abromeit in der MAZ
Fünf Ludwigsfelder Jugendliche sind vom Landgericht Potsdam verurteilt
worden, weil sie einen Mosambikaner fast zu Tode prügelten: versuchter Mord
einer “emotional verelendeten Jugendclique mit diffuser rechtsradikaler
Einstellung”. Von einem Schock in der bisher als besonders
ausländerfreundlich geltenden Stadt Ludwigsfelde ist nichts zu merken. Ein
Verteidiger der vier Unter-18-Jährigen hatte am Telefon gegenüber der
MAZ-Lokalredaktion gesagt, “da soll ein Exempel wegen Ausländerfeindlichkeit
statuiert werden”. Doch eine “ganz normale Prügelei”, wie im Gerichtssaal zu
hören, war es mit Sicherheit nicht. Denn schon bei einem Prozess voriges
Jahr in Zossen ging es um den Haupttäter. Der wurde nicht in den Saal
gelassen, weil Jugendliche seiner Clique vor ihm Angst hatten. Es deutete
sich an, dass David E. seinen Vasallen Drogen verkaufte beziehungsweise sie
Drogen verkaufen ließ. Sie sind also in mehrfachem Sinne von ihm abhängig.
Jetzt sitzt der Neonazi für achteinhalb Jahre hinter Gittern. Wenn die
Mittäter auch noch nicht viel in ihrem Leben begriffen haben, aber das ist
die Chance für sie. Für Ludwigsfelde ist ihre Tat ein Warnsignal — hier sind
die Menschen nicht besser oder schlechter als anderswo.
Diskomord-Prozess: Angeklagte müssen Nazi-Symbole verhüllen
(MOZ) Frankfurt (Oder). Im Diskomord-Prozess vor dem Landgericht
Frankfurt (Oder) haben zwei Angeklagte ihre an SS-Runen erinnernde
Finger-Tätowierungen verhüllen müssen. Am zweiten Verhandlungstag am
Mittwoch trug der Hauptbeschuldigte Matthias R. (23) eine Bandage über der
Hand. Der Mitangeklagte Maik W. (21) zog erst im Saal Gummi-Handschuhe über.
Der Staatsanwalt hatte zu Prozessbeginn Ermittlungen angedroht, falls die
NS-Zeichen weiter zu sehen werden. Auch der Vorsitzende Richter stellte
klar, dass er eine Zurschaustellung der Zeichen nicht dulden werde.
In dem Prozess müssen sich insgesamt sechs Angeklagte wegen der Vorwürfe des
Mordes, der Beihilfe zum Mord, des Raubes und der unterlassenen
Hilfeleistung verantworten. Die 19 bis 26 Jahre alten Beschuldigten sollen
am 1. Juni 2002 in Neu Mahlisch bei Seelow einen 29-jährigen Mann
misshandelt und beraubt haben. Matthias R. habe das Opfer dann aus Angst vor
einer Anzeige mit einem Messer getötet.
Ein Angeklagter sagte am Mittwoch, er habe vom Auto aus beobachtet, wie vier
seiner Kumpanen den Mann zu Boden schlugen und dann weiter auf ihn
eintraten. Bei der Bluttat selbst sei er nicht dabei gewesen. Er habe aber
dem blutbefleckten Matthias R. anschließend vorgeschlagen, die Sachen zu
verbrennen. Auf die Frage, warum er getötet habe, habe R. ihm am nächsten
Tag geantwortet, er wisse das nicht. Der Prozess wird am Freitag
fortgesetzt. Das Urteil soll voraussichtlich am 6. März verkündet werden.
Eine Frage der Wahrnehmung
In Potsdam werden fünf Rechte wegen versuchten Mordes zu hohen Haftstrafen
verurteilt. In Cottbus muss ein Gericht ein Verfahren wegen eines rechten
Überfalls auf eine Berliner Ska-Band einstellen, weil schlampig ermittelt
wurde
(TAZ) Der 4. August vorigen Jahres muss eine laue Sommernacht gewesen sein. Für
Ali Ibrahim, einen ehemaligen mosambikanischen Vertragsarbeiter, war das,
was sich damals in einem Waldstück bei Ludwigsfelde abspielte, die Hölle.
Ahnungslos tappte der 38-Jährige in die Falle einer fünfköpfigen rechten
Clique. Zwei Stunden misshandelten sie ihn aufs schwerste. Das Landgericht
Potsdam wertete die Tat am Dienstag als versuchten Mord.
Ali Ibrahim kannte die beiden 15- und 16-Jährigen, die ihn “zu einer Party”
einluden. Doch statt einer Feier erwartete den Mosambikaner bei seiner
Ankunft im Wald ein mehrstündiges Martyrium — geplant von einer “emotional
verelendeten Jugendlclique mit diffusem rechtem Weltbild”, wie Richter Klaus
Przybilla die fünf Angeklagten im Alter zwischen 15 bis 22 Jahren
bezeichnete.
Insbesondere der 22-jährige David E. — wegen rechter Delikte schon
vorbestraft — tat sich dabei hervor. Mit den Rufen “Du Neger! Du schwarze
Sau!” eröffnete David E. nach Ansicht des Gerichts den Reigen
“menschenverachtender Brutalität”. Nach eigenen Aussagen der fünf
Angeklagten bei der Polizei zertrümmerte zuerst David E. eine Bierflasche
auf dem Kopf des vor Angst paralysierten Opfers und boxte es ins Gesicht.
Nach weiteren Tritten und Schlägen lag der Mosambikaner am Boden. Einer der
Angreifer hielt dann seinen Kopf fest, während die anderen ihn auszogen und
anschließend auf Oberkörper, Bauch und Kopf sprangen. Irgendwann verlor der
Mosambikaner das Bewusstsein. Seine Peiniger machten weiter; David E. soll
ein brennendes Feuerzeug an die Haut des Opfers gehalten haben.
Gegen 5 Uhr morgens, als Ali Ibrahim sich nicht mehr regte, ließen die
Angreifer ab. David E. ging zum Schlafen nach Hause und brüstete sich
anderntags, der Abend sei “geil” gewesen; die anderen versetzten ihr Zelt um
einige hundert Meter weiter an eine andere Stelle im Wald. “Sie wollten
nicht töten, aber sie überließen es dem Zufall, ob ihr Opfer sterben würde”,
so das Gericht. Ali Ibrahim überlebte. Doch die Misshandlungen haben nach
Angaben des Vereins Opferperspektive bei ihm zu einem schweren Trauma
geführt. Jeder Schritt vor die Tür sei mit Angst besetzt. Als Ali Ibrahim
vor Gericht seine Erinnerungen an die Augustnacht schilderte, schloss das
Landgericht die Angeklagten aus. Zu groß sei die Gefahr einer
Retraumatisierung, so Richter Przybilla.
In ihrem Plädoyer ging die Staatsanwaltschaft von einer “politisch
motivierten Tat aus. Dem folgte das Gericht. Es verurteilte David E. zu
achteinhalb Jahren Haft, zwei Mitangeklagte zu drei und fünf Jahren
Jugendhaft. Die beiden jüngsten Angeklagten erhielten zwei Jahre auf
Bewährung.
Während sich das Landgericht Potsdam von seinem Urteil eine erzieherische
Wirkung erhofft, offenbarten die Strafverfolgungsbehörden in Cottbus am
gleichen Tag ein völlig anderes Vorgehen im Anschluss an einen
rechtsextremen Überfall. Knapp zweieinhalb Jahre dauerte es, bis der Angriff
auf die Berliner Ska-Band “Mothers Prid
e” im Anschluss an ein Konzert in
Cottbus überhaupt vor Gericht kam. Der dunkelhäutige Bassist der Band war
damals als “Niggerschwein”, eine Freundin der Band als “Niggerschlampe”
beschimpft worden. Vier Bandmitglieder kamen mit schweren Prellungen ins
Krankenhaus. Trotzdem schloss die Polizei in Cottbus von vornherein einen
rechten Hintergrund aus. Vor Gericht gestanden die vier Angeklagten aus dem
rechten Hooligan-Milieu zwar ihre Tatbeteiligung. Sie kamen jedoch mit
Geldstrafen davon.