(MAZ, Jörg Schreiber) FRANKFURT (ODER) Die Wahlerfolge rechtsextremistischer Parteien in Brandenburg und Sachsen
geben der Wissenschaft noch immer Rätsel auf. Ob es sich um Protest- oder
aber um Überzeugungswähler handele, sei noch nicht abschließend geklärt,
sagt der Rechtsextremismus-Forscher Rainer Erb, Dozent an der
Europa-Universität Frankfurt (Oder). Es gebe Indikatoren für beide
Auslegungen. Allerdings sei auszuschließen, dass alle der 190 900
sächsischen NPD-Stimmen oder der 71 000 brandenburgischen DVU-Voten von
“Überzeugungswählern” kamen. So homogen sei die Einstellung der Wähler
nicht. Auffallend sei, dass überdurchschnittlich viele junge Männer
rechtsextrem wählen. Jedoch sei die Parteienbindung dieser Wähler schwach.
Die Vergangenheit habe gezeigt, dass selbst nationalistisch eingestellte
Menschen nicht bereit seien, sich auf Dauer für eine Partei auszusprechen.
Die Ergebnisse der vergangenen Jahre würden belegen, dass Rechtsextreme
keine stabile Wählerbasis haben.
Die Diskussion um “Hartz IV” sei eine “Steilvorlage” für NPD und DVU
gewesen, sagt Erb. Es sei allerdings dahingestellt, ob die beiden Parteien
bei den nächsten Wahlen in vier Jahren wieder so eine Vorlage bekommen
werden. Auch das von beiden Parteien kürzlich gebildete Bündnis stehe bisher
nur auf dem Papier. Selbst rechtsextremistische Anhänger seien skeptisch, ob
diese “Vernunftehe” hält.
Erb warnt zugleich vor Aktionismus: “Wir brauchen dafür einen langen Atem”,
sagt er. “Wenn in Frankfurt 80 Glatzen auftauchen, muss man in der Stadt
nicht gleich Lichterketten organisieren”, sagt er. Man sollte die Neonazis
auch mal ignorieren.