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Heimatforschung” am braunen Rand

(Christoph Schulze) In selb­st gemacht­en Ger­ma­nen­tra­cht­en und mit Äxten, Schw­ert­ern und
Schilden ausstaffiert, schaut eine Gruppe junger Män­ner in die Kamera.
Mit solchen mar­tialis­chen Posen wirbt der Havel­län­der »Sem­nonen­bund« für
sein Anliegen. Der Vere­in will die Ger­ma­nen­zeit in der Geschichte der
Region erforschen und so »Heimatpflege und Heimatkunde« fördern.
Geschehen soll dies unter anderem in einem seit mehreren Jahren
geplanten Sem­i­nar- und Touris­muszen­trum namens »Gan­na­hall«, welch­es in
Nauen entste­hen soll.
Dabei set­ze man auf weltan­schauliche Neu­tral­ität: »Der Vere­in ist
poli­tisch neu­tral«, heißt es in der Satzung. Es scheinen indes Zweifel
ange­bracht, wie ernst es der Vere­in mit dieser Neu­tral­ität nimmt. Nach
Infor­ma­tio­nen des »Antifaschis­tis­chen Pressearchivs« (Apabiz) aus Berlin
deutet einiges darauf hin, dass die Ger­ma­nen­fans braunem Gedankengut
zumin­d­est offen gegenüber ste­hen. Bei einem Infoabend der PDS-Jugend am
Sonnabend in Falkensee trug Apabiz-Ref­er­ent Toni Peters diese Bedenken vor.
Um Finanzen für das »Gannahall«-Zentrum aufzutreiben, organ­isierte der
Sem­nonen­bund bish­er dreimal ein Fes­ti­val unter dem Titel »Rock for
Roots«, bei dem vor allem Bands aus der Met­al-Szene auf­trat­en. Mit dabei
war im ver­gan­genen Jahr die Neo­folk-Gruppe »Bel­born«, die nach
Ein­schätzung von Toni Peters »zum extrem recht­en Rand der Szene gezählt
wer­den kann«. 

Eben­so trat die Black-Met­al-Band »Mor­dorn« auf, bei der auch ein
Mit­glied des Sem­nonen­bunds musiziert. »Mor­dorn« spielte schon im
berüchtigten »Club Asgard« in Berlin-Marzahn. In ihrem Song »Rap­ing«
ver­her­rlichen sie Verge­wal­ti­gun­gen als »sex­u­al fascination«.
Dementsprechend tum­melten sich im Pub­likum nicht nur unpolitische
Met­al­fans, son­dern auch rei­hen­weise Neon­azis, so Peters. Das
recht­sex­treme Plat­ten­la­bel »Bar­barossa Records« sei sog­ar mit einem
Verkauf­s­stand vertreten gewe­sen. Damit nicht genug: Auf der Home­page des
Vere­ins find­et sich eine Liste von Büch­ern, die der Sem­nonen­bund seinen
Anhängern empfiehlt.
Neben Lit­er­atur zu The­men wie Hei­den­tum und Eso­terik wird auch das Buch
»Jahrhun­dert der Lügen« bewor­ben. »Anhand geprüfter und beglaubigter
his­torisch­er Doku­mente und Fak­ten stellt der Autor einige historische
Begeben­heit­en in ein neues Licht«, heißt es dazu lobend. Peters dazu:
»Der Autor des 1989 erschiene­nen Buch­es — das ver­schweigt der
Sem­nonen­bund — ist Hugo Wellems, ein Nazi, der ab 1936 als Ref­er­ent im
Pro­pa­gan­damin­is­teri­um tätig war und später das extrem rechte
>Ost­preußen­blatt< leit­ete.« In dem Band wird Deutsch­lands Schuld am
Ersten Weltkrieg abgestrit­ten und der Angriff auf die Sow­je­tu­nion 1941
schön­fär­berisch als »Präven­tivkrieg« bezeichnet.
Den­noch, so scheint es auf der Inter­net­seite immer wieder durch, hält
der Vere­in sich trotz solcher­lei Wer­bung für poli­tisch unbeeinflusst.
»Bei solcher­lei Bezü­gen rate ich davon ab, den Sem­nonen­bund offene
Jugen­dar­beit machen zu lassen, wie der Vere­in es vorhat«, mah­nte Toni
Peters. 

Im benach­barten Falkensee ist eine Musik­gruppe behei­matet, die ebenfalls
Kon­tak­te zur Black-Met­al-Szene pflegt und wie der Sem­nonen­bund ein
selt­sames Ver­ständ­nis von poli­tis­ch­er Neu­tral­ität hat. Poli­tik gehöre
nicht zu ihrer Musik, betont die Gruppe »Fornost« in Inter­views immer
wieder. Dessen ungeachtet sei »Fornost« nach Apabiz-Infor­ma­tio­nen bis
vor eini­gen Jahren Mit­glied in der »Pagan­front« gewe­sen — einem
Musik-Net­zw­erk, das aus­drück­lich und offen nationalsozialistische
Pro­pa­gan­da in der Black-Met­al-Szene betreiben will. Noch heute schmückt
die Inter­net­seite von »Fornost« die »Schwarze Sonne«. Das historische
Sym­bol der SS ist in Bran­den­burg nicht erlaubt, weil es auch als Zeichen
der 2005 ver­bote­nen Neon­azi-Kam­er­ad­schaft »ANSDAPO« aus Straus­berg gilt.

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