Halbe kommt nicht zur Ruhe. Im September wurde bekannt, daß der langjährige Neonazi-Aktivist Ulli Boldt in dem Brandenburger Örtchen für die Gemeindewahlen kandidieren wollte – und das ausgerechnet auf der Liste der PDS. Anläßlich des Volkstrauertages am 16. November dieses Jahres mobilisieren nun diverse Neonazi-Organisationen in den 2500-Seelen-Ort. Am Samstag, den 15. November, planen der »Freundeskreis Halbe« und die »Freien Nationalisten« unter dem Motto »Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten« einen Aufmarsch, zu dem über eintausend Anhänger aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet werden. Die Neonazis knüpfen an diesem Tag auch an das nationalsozialistische »Heldengedenken« an. Ein antifaschistisches Bündnis ruft zu einer Gegenkundgebung auf. Zusammen mit Berliner Gruppen wollen die Antifaorganisationen vor Ort am 15.November um 11 Uhr vor dem Zentralfriedhof der von der Wehrmacht ermordeten Deserteure und Zwangsarbeiter gedenken und den Nazi-Aufmarsch verhindern.
Schon in der Vergangenheit hatten sich Rechte unterschiedlicher Couleur immer wieder in Halbe eingefunden. Der dortige Soldatenfriedhof ist der größte Deutschlands, auf dessen Boden die letzte große Kesselschlacht des Zweiten Weltkriegs stattfand. Schon vor einem Jahr hatten sich »Freie Kameradschaften« darum bemüht, in Halbe demonstrieren zu können. Zahlreiche Antifagruppen hatten zu einer Protestkundgebung aufgerufen, so daß die Sicherheit der anreisenden Neonazis nicht mehr garantiert werden konnte – was zum Verbot des Aufmarsches führte. Wegen der juristischen Argumentation in der Verbotsverfügung haben die Nazis dieses Jahr ersatzweise auch am 16. November Kundgebungen angemeldet. »Wenn es den Nazis gelingt, alljährlich am Volkstrauertag in Halbe einen Aufmarsch durchzuführen, wird dies zu einer Stärkung der militanten Rechten führen – vor Ort und bundesweit«, so Sven Thalheimer, Sprecher des antifaschistischen Bündnisses. »Wir werden gut daran tun, den Aufmarsch auch dieses Jahr zum Desaster zu machen«, meint er.
Tatsächlich ist die Konzentration neonazistischer Aktivitäten in der Region auffällig. Der Landkreis Dahme-Spreewald und besonders dessen größte Stadt Königs Wusterhausen – Boldts letzter Wohnort – sind für eine gut organisierte rechte Szene bekannt. Schon vor zwölf Jahren war Boldt einer der Organisatoren der großen »Heldengedenkfeier«, an der die »Berliner Kulturgemeinschaft Preußen« (BKP) maßgeblichen Anteil hatte. 1994 übernahm der heute 39jährige den Vorsitz der BKP. Später unterwanderte er die märkische Junge Union und wurde 1997 erst nach skandalträchtigen Protesten ausgeschlossen. Parallel betrieb er das »Nationale Infotelefon«. Nachdem 1999 Unbekannte sein Auto abbrannten, verließ er Königs Wusterhausen und zog nach Halbe. Im Mai 2000 wurde er bei der 1.-Mai-Demo der NPD in Berlin gesehen. Um so peinlicher, daß der PDS-Kreisverband erst auf den berüchtigten Kandidaten aufmerksam gemacht werden mußte. Boldt flog in letzter Minute von der Liste – unmittelbar bevor diese bei den Behörden eingereicht wurde. Der Unternehmensberater sei in der freiwilligen Feuerwehr und im örtlichen Fußballverein sehr engagiert gewesen, so die PDS vor Ort. Offenbar reichte das aus.
* Informationen: www.redhalbe.de.vu