Adolf Hitler und kein Ende. 3 412 001 Zuschauer pilgerten in den vergangenen
fünf Wochen ins Kino, um zu sehen, wie Bruno Ganz als tattriger Führer
untergeht. Guido Knopp macht aus fast jedem Statisten des Naziregimes einen
Moralhappen fürs Fernsehen. Und Hella von Sinnen blödelt sich als Adolf mit
Dirk Bach als Eva Braun durch ihre TV-Comedy.
Dass nun Neuruppin mit dem unliebsamen Namen in Verbindung gebracht wird,
liegt — ungewollt — an Lisa Riedel. Die langjährige Chefin des örtlichen
Museums hat so viel für die Stadt in Nordbrandenburg geleistet, dass nun
erstmals seit 1990 wieder eine Ehrenbürgerwürde verliehen wurde. Da gleich
auch die Ehrenverordnung der Stadt erneuert werden sollte, erkundigte sich
der grüne Stadtverordnete Gerald Brose bei einem Heimatforscher, wem denn
die höchste Ehre der Stadt bereits angetragen worden war.
“Offenbar gehörte Hitler dazu”, sagt Brose. Eine offizielle Urkunde
existiert aber offenbar nicht, im Stadtarchiv enden die Unterlagen mit dem
Jahr 1924, und zu DDR-Zeiten wurde der Titel nur einmal in den 60er-Jahren
verliehen, an einen Antifaschisten. “Wir nehmen die Sache sehr ernst”, sagt
der amtierende Bürgermeister Thomas Fengler. Es werde geprüfen, ob Hitler
wirklich Ehrenbürger war, und wenn ja, ob ihm der Titel bereits zu
DDR-Zeiten aberkannt wurde.
In der Nazizeit erklärten die meisten größeren deutschen Städte den Diktator
zum Ehrenbürger — meist schon 1933. In Mainz wurde noch 2002 gestritten, ob
die Würde, die nur auf Lebzeit verliehen war, dem Toten aberkannt werden
muss. Sie wurde. In Berlin, wo Hitler gemeinsam mit Hindenburg 1933 ernannt
wurde, erfolgte die Streichung gleich nach dem Krieg.
Neuruppin verlieh den Titel wie viele andere Städte gleich an Hitlers erstem
Geburtstag nach der Machtübergabe an ihn. Die Märkische Zeitung von damals
berichtet, wie die Neuruppiner ihn in einem pompösen Festakt mit
Gottesdienst am Kriegerdenkmal huldigten.
“Wenn das stimmt, müssen wir ihn schleunigst von der Liste streichen”, sagt
der Grünen-Politiker Brose. Dass die gerüchtweise bekannte Ehrenbürgerschaft
Hitlers nie geprüft wurde, liege wohl daran, dass der Titel in der Stadt
keine wirkliche Tradition hat und einfach in Vergessenheit geriet.
Hitlers Schatten ist lang und es gibt noch viel Arbeit, nicht nur für
Heimatforscher.