PDS legt dem Landtag Antrag für Kommission vor / CDU und SPD dagegen
(MAZ, Stephan Breiding) POTSDAM Noch Mitte des Monats Juli — nach Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes im
Bundesrat — war CDU-Innenminister Jörg Schönbohm ablehnend gewesen. Eine
Härtefallkommission sei unnötig, hatte er erklärt. Ein solches
Misstrauensvotum hätten die Richter nicht verdient, die bislang
verantwortungsvoll über Einzelfälle entschieden hätten. Das war vor dem 19.
September. Nach der Landtagswahl zerbröselte der jahrelange Widerstand der
Union binnen weniger Tage. Bereits Anfang Oktober einigten sich die
rot-schwarzen Partner in ihrer Koalitionsvereinbarung unter Punkt 4.5.2 auf
die Einrichtung einer Härtefallkommission.
Mehr ist seitdem nicht geschehen. Im federführenden Innenressort sieht man
sich nicht unter Zeitdruck. Die Einrichtung einer Härtefallkommission sei
laut Zuwanderungsgesetz “eine Kann‑, keine Muss-Bestimmung”, so
Ministeriumssprecher Wolfgang Brandt. Deswegen müsse die dafür notwendige
Rechtsverordnung auch nicht zwangsläufig parallel zum Gesetz am 1. Januar
2005 in Kraft treten. Man müsse jetzt erst mal klären, wie groß etwa die
Kommission sein soll oder welche Fälle sie bearbeiten soll.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion ist da schon weiter.
Wichtig sei, dass auf jeden Fall kommunale Vertreter in der künftigen
Härtefallkommission sitzen, fordert Sven Petke. “Die Kommunen müssen nämlich
die finanzielle Last tragen, wenn ein Asylbewerber doch bleiben darf und
dann vor Ort Sozialhilfe beantragt.”
Noch weiter ist die oppositionelle PDS. Die hat bereits einen Entwurf für
die Einrichtung einer Härtefallkommission erarbeitet, der nächste Woche im
Landtag beraten werden soll und der MAZ vorliegt. Inhalt: Das achtköpfige
Gremium soll mit je einem Mitglied der beiden Kirchen, der
Wohlfahrtsverbände, des Flüchtlingsrates, des Innen- und des
Sozialministeriums sowie mit einem Arzt und einem Juristen besetzt werden.
Plausible Härtefallgründe für abgelehnte und ausreisepflichtige Asylbewerber
könnten “ein langjähriger Aufenthalt, hier aufgewachsene Kinder oder ein
festes Arbeitsverhältnis sein”. Kommt die Runde zu der Entscheidung, dass es
sich um einen Härtefall handelt, geht eine Empfehlung an das
Innenministerium. Akzeptiert dies das Votum, wird die Ausländerbehörde vor
Ort angewiesen, dem stattzugeben. “Wichtig ist, dass das Gremium kein
Anhängsel des Innenministeriums ist”, so PDS-Rechtspolitiker Stefan Sarrach.
Bei der SPD stößt der Vorstoß der Linkssozialisten auf Ablehnung. “Der
Antrag der PDS ist ein Schnellschuss aus der Oppositions-Hüfte”, kritisiert
SPD-Fraktionschef Günter Baaske. Die von der SPD lange geforderte
Härtefallkommission werde gegründet, “aber nicht im Hau-Ruck-Verfahren”.
Die Ausländerbeauftragte des Landes, Almuth Berger, hofft, dass die
Kommission ab 1. Januar tagen kann. Sie rechnet damit, dass mehrere 100 der
landesweit rund 7000 Asylbewerber oder Flüchtlinge mit einer Duldung eine
Härtefallregelung beantragen werden. Bereits seit März tagt regelmäßig der
von Kirchen und Verbänden sowie von SPD‑, PDS- und Grünen-Politikern
gegründete und von der CDU scharf kritisierte Härtefallbeirat. Obwohl man
nur rein beratende Hinweise an die Ausländerbehörden geben könne, habe man
in mehreren Fällen bereits positive Ergebnisse erzielt, freut sich Berger.