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Holger Burner: “die Chefs aller Banken lynchen”

Während des Abschlußkonz­erts auf dem Anti-G8-Camp der Berlin­er Falken am Pfin­gst­son­ntag kam es beim Auftritt des linken Rap­pers MC HOLGER BURNER
zu einem Eklat. Bish­er kon­nte der Rap­per bei linken Ver­anstal­tun­gen meist ungestört Sozial­neid schüren und zum „Lynchen der Chefs aller Banken“ aufrufen, doch dies­mal begeg­nete ihm mas­siv­er Protest. Er been­dete seinen Auftritt vorzeit­ig und es kam zu tumul­tar­ti­gen Szenen. 

Die Berlin­er Falken dis­tanzierten sich im Anschluß an das Konz­ert von MC
HOLGER BURNER und entschuldigten sich beim Pub­likum für dessen
„anti­semi­tis­che und antizion­is­tis­che Aus­sagen“. Es bleibt abzuwarten,
wie auf seine angekündigten Auftritte im Rah­men des G8-Protests in
Ham­burg und Ros­tock reagiert wird. 

MC HOLGER BURNER ste­ht der trotzk­istis­chen Organ­i­sa­tion SAV nahe und hat
es sich zum Ziel gemacht mit Hil­fe des HipHop bzw. Rap poli­tisch zu
agi­tieren. Er gibt sich dabei als Klassenkämpfer und beschwört die
Unter­drück­ten und Arbeit­er zur Revolte gegen „die da oben“. Er
vertei­digt auf seinem Konz­ert bei den Falken und in Veröffentlichungen
„per­son­al­isierte Kap­i­tal­is­muskri­tik“ als legit­imes Mit­tel zur
Polarisierung. 

Der Rap­per knüpft an aktuelle poli­tis­che The­men und Auseinandersetzungen
an, so ist beispiel­sweise der Track „Unser Stan­dard“ den
Anti-Hartz4-Protesten gewid­met. In dem Song schürt MC HOLGER BURNER
Sozial­neid und het­zt gegen „die Mil­lionäre“ und „die Poli­tik­er“, die er
für das Elend der Welt ver­ant­wortlich macht. Dazu benutzt er
pop­ulis­tis­che Aus­sagen, wie: „der halbe Bun­destag wird ja bezahlt von
VW“ oder „Ihr macht die Arbeit­sagen­tur zu ner Sklaven­zen­trale — Siemens
und Daim­ler schef­feln weit­er­hin Abermilliarden“. 

Deut­lich­er wird er in seinem Song „Ket­ten zer­reis­sen“, in dem er rappt:
„Ich will Uzis verteilen von Ham­burg bis München — Mit dem Aufruf die
Chefs aller Banken zu lynchen“. MC HOLGER BURNER bedi­ent sich einer
Erk­lärung der Welt, die gesellschaftliche Ver­hält­nisse und Prozesse als
das bewusste Werk “bös­er” Men­schen vere­in­facht. Prob­lema­tisch aus einer
emanzi­pa­torischen Per­spek­tive ist dabei nicht nur, dass damit
Kap­i­tal­is­mus als gesamt­ge­sellschaftlich­es Sys­tem aus der Kri­tik genommen
wird, son­dern vor allem auch, dass durch die Ver­lagerung der Kri­tik auf
„die Reichen“ und „die Bonzen“ eine Anschlußfähigkeit an antisemitische
Bilder und Stereo­type erre­icht wird, wie beispiel­sweise das des
raf­fend­en jüdis­chen Kap­i­tals. Nicht zulet­zt im Hin­blick auf die
Mobil­isierun­gen und Strate­gien der Neon­azis im Bezug auf die G8-Proteste
und rück­blick­end in Bezug auf die ver­suchte (und in weni­gen Städten
gelun­gene) Vere­in­nah­mung der Anti-Hartz4-Proteste ist eine solche
Agi­ta­tion gefährlich. 

Neben dem Schüren von Sozial­neid propagierte er einen radikalen
Antizion­is­mus und stellte auf dem Anti-G8-Camp der Falken durch die
Aus­sage: „Ich bin gegen jeden Nation­al­is­mus und vor allem gegen den
Zion­is­mus“ das Exis­ten­zrecht Israels zur Diskus­sion. Auch die Zeilen des
Tracks „Sie se puede“: „Kurze Zeit später andres Land, kaum andre Zeit -
Inzwis­chen gibt’s in Deutsch­land wieder Zwangsar­beit“ wurde vom Publikum
nicht unkom­men­tiert hin­genom­men und der Ver­gle­ich zum Nation­al­sozial­is­mus kritisiert. 

Die übri­gen prob­lema­tis­chen Aus­sagen v.a. aus dem Freestyle-Rap von MC
HOLGER BURNER will ich hier nicht im Detail wieder­holen, da ich denke,
dass die zitierten Pas­sagen aus den Songs des Rap­pers bere­its für sich
sprechen und deut­lich machen, warum für einen großen Teil des Publikums
auf dem Anti-G8-Pfin­gst­camp die Gren­ze deut­lich über­schrit­ten war und
laut­stark­er Protest geäußert wurde. 

Nach­dem die Auf­forderun­gen aus dem Pub­likum den Auftritt abzubrechen von
HOLGER BURNER ignori­ert wur­den und sich dazu Fans des Rap­pers gegen den
Protest aussprachen, kam es zu tumul­tar­ti­gen Szenen. HOLGER BURNER
kon­nte sein Konz­ert nicht wie gewohnt zu Ende führen und been­dete es
frühzeit­ig. Doch die Diskus­sio­nen und die Aufre­gung flachte nicht ab. Es
bilde­ten sich über­all Kle­in­grup­pen, die über den Vor­fall diskutierten.
Nach ein­er kurzen Krisenbe­sprechung der Organ­i­sa­tion des Camps
dis­tanzierte sich eine Sprecherin der Falken von der Bühne aus im Namen
der Berlin­er Falken von MC HOLGER BURNER und entschuldigte sich beim
Pub­likum für dessen „anti­semi­tis­che und antizion­is­tis­che“ Aus­sagen. Das
bewirk­te beruhi­gend auf die Diskus­sio­nen, MC HOLGER BURNER verließ
empört das Camp mit der Dro­hung eine Pressemit­teilung zu ver­fassen. Wir
kön­nen ges­pan­nt sein! 

MC HOLGER BURNER will im Rah­men der Anti-G8-Proteste am 30. Mai bei der
Aktion „Beat Cap­i­tal­ism“ in Ham­burg auftreten, am 02. Juni bei der Demo
in Ros­tock und am 05. Juni beim RTS in Ros­tock. Es bleibt abzuwarten,
wie auf diese angekündigten Auftritte im Rah­men des G8-Protests reagiert
wird. Der Tenor des Anti-G8-Camps der Falken war deut­lich: Populisten
wie HOLGER BURNER, die mit anti­semi­tis­chen und antizion­is­tis­chen Bildern
arbeit­en und zu Sozial­neid auf­s­tacheln, haben in ein­er emanzipatorischen
Bewe­gung nichts ver­loren. Mal sehen, ob dieser Gedanke seinen Weg nach
Heili­gen­damm findet. 

Weit­er­führende Links: 

Again­st­G8-Camp der Falken


Bericht vom Anti-G8-Camp der Berlin­er Falken

Hintergrundinfos: 


Antikap­i­tal­is­mus von rechts


attac-Read­er: Gegen anti­semi­tis­che Ten­den­zen und recht­sex­treme Vereinnahmung 


Warum Nazis gegen den G8-Gipfel sind und Glob­al­isierungskri­tik nicht immer fortschrit­tlich ist


Glob­al­isierungskri­tik von Rechts und die Fol­gen für die radikale Linke

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