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Ich habe kein Vertrauen mehr”

RATHENOW Als Fot­so Tal­la im Jahr 1999 in Rathenow ankam, hoffte er auf ein
schnelles Asylver­fahren. In Kamerun, sein­er Heimat, stand er auf der Liste
der poli­tisch Ver­fol­gten. “Ich wollte in Frei­heit leben”, sagt er heute.
Fot­so Tal­la hat alle Eigen­schaften, die einen ruhi­gen Zeitgenossen
ausze­ich­nen. Als aber vor eini­gen Wochen Vertreter der Brandenburger
Flüchtlingsver­bände, Asyl­be­wer­ber und der Vor­stand der Arbeiterwohlfahrt
(Awo) Havel­land zusam­men­trafen, um über die zukün­ftige Zusam­me­nar­beit im
Asyl­be­wer­ber­heim zu sprechen (MAZ berichtete), fuhr Fot­so Tal­la aus seiner
ruhi­gen Haut: “Mit der Heim­leitung im Haus Birken­weg kann man nicht
ver­trauensvoll zusam­men­leben”, sagte er. “Ich habe kein Ver­trauen mehr.” 

Zum Hin­ter­grund: Ende 2004 wur­den zwei Asyl­be­wer­ber vom Rathenower
Amts­gericht freige­sprochen. Sie hat­ten in einem offe­nen Brief erk­lärt, die
Heim­leitung öffne Pri­vat­post der Asyl­be­wer­ber. Auf diesen offe­nen Brief hin
erstat­tete die Awo Anzeige gegen Unbekan­nt, die Staatsanwaltschaft
ermit­telte gegen die bei­den Asyl­be­wer­ber, die im Prozess freigesprochen
wur­den. Auch das Gericht ging davon aus, dass im Heim Pri­vat­post geöffnet
wurde. 

Per­son­elle Kon­se­quen­zen wird die Awo den­noch nicht ziehen. Der Verband
benen­nt hier­für arbeit­srechtliche Gründe. Fot­so Tal­la kann nur schwer
ertra­gen, dass die bish­erige Heim­leitung auch in Zukun­ft die Regeln in der
Unterkun­ft bes­timmt. “Frau Pagel, die Heim­lei­t­erin hat ein Spitzelsystem
aufge­baut”, sagt der Kameruner. “Sie will ganz genau über jeden Bescheid
wis­sen.” Fot­so Tal­la behauptet, das Kam­erasys­tem am Asyl­be­wer­ber­heim, das
eigentlich instal­liert wurde, um die Umge­bung außer­halb des Gebäudes zu
beobacht­en, werde genutzt um Asyl­be­wer­bern nachzustellen. “Die wis­sen über
jeden Schritt Bescheid, den wir machen”, sagt Tal­la. “Ist das Freiheit?” 

Fot­so Tal­la hat sich in den ver­gan­genen Monat­en für die Asylbewerber
einge­set­zt. “Ich wollte und will, dass die Chip­karte abgeschafft wird.” Mit
dieser Chip­karte kön­nen Asyl­be­wer­ber einkaufen gehen. “Das ist unwürdig”,
sagt Tal­la. “Warum gibt man uns nicht Geld?” Wie unwürdig Asyl­be­wer­ber mit
Chip­karten an den Kassen der Super­märk­te teil­weise behan­delt wer­den, habe
Awo-Vor­sitzen­der Fre­di Matthews selb­st erlebt. Er, Tal­la, habe Matthews
ein­mal mitgenom­men, um das zu demon­stri­eren. Passiert sei danach nichts
mehr. “In den ver­gan­genen Jahren”, so Tal­la, “haben sich einige Asylbewerber
im kirch­lichen Gespräch­skreis engagiert und mit­gemacht.” Inzwis­chen gehe
dort nie­mand mehr hin, “weil fast alle resig­niert haben.” 

Wenn es der Arbeit­er­wohlfahrt ernst sei mit Verän­derun­gen im
Asyl­be­wer­ber­heim, so Fot­so Tal­la, “dann muss sie die Ver­set­zung von Frau
Pagel an eine andere Stelle in der Awo prüfen.” Nur das könne ein
“glaub­würdi­ger Ansatz für neue Gespräche” sein.

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