(MAZ, Klaus D. Grote) Als Erstes fallen die Blubberblasen in den bunten Plexiglassäulen der
Theke auf. Dann die vielen nackten Männer an den Wänden. Die Kneipe in
der Kurstraße 6 ist keine Gaststätte wie jede andere. Früher gab es hier
“Table Dance” mit Frauen, die sich zur Musik vor großen Spiegeln langsam
auszogen. Dann eröffnete die Szenekneipe “K 6”. Seit diesem Sommer hat
das “K 6” den Zusatz “Gay-Bar” bekommen. Wirt Klaus-Dieter Weinert hat
eine große Regenbogenflagge aufs Schaufenster gemalt und Aktbilder
aufgehängt. Für schwule Männer in Brandenburg ist die Kneipe der einzige
Treffpunkt, an dem sie unter sich sein können.
Doch mit der Umwandlung zur Schwulenbar kamen die Probleme. Klaus-Dieter
Weinert war wiederholt Bedrohungen ausgesetzt — auf der Straße und in
seinem Lokal. “Schwule Sau”, “Wir schlagen dich tot”, hat er sich schon
mehrfach anhören müssen. Eine Regenbogenfahne, das Symbol der
schwul-lesbischen Bewegung, wurde abgerissen. “In Berlin hängen die vor
jeder Bar. Da geht alles viel einfacher”, sagt Weinert. Doch Brandenburg
ist nicht Berlin. Immer wieder kommen ungebetene Gäste, die pöbeln oder
drohen. Einige waren schon mehrfach da, kommen auch trotz Hausverbots
wieder. Weinert kann sich das nicht erklären. Scheinbar zieht die Bar
an. Andere hält das unerwünschte Publikum aber auch ab, seit es in der
Kneipe zu einer Schlägerei kam. Eine halbe Stunde ließ die Polizei
damals auf sich warten. Die Schläger waren da längst verschwunden. Die
Bar besuchen seither immer weniger Gäste. An manchen Tagen bleibt der
Laden leer, Klaus-Dieter Weinert mit seinem zehn Monate alten
Mischlingsrüden Bonny allein. Nur weil ihm der Eigentümer eine niedrige
Pacht gewährt, kann der Wirt die Bar überhaupt noch offen halten.
Aufgeben will der 50-Jährige nicht. “Ich lass mich nicht unterkriegen”,
sagt er etwas trotzig. “Irgendwie macht es mir Spaß.” Und Angst habe er
auch nicht. Auf die leichte Schulter nimmt er die Bedrohungen aber
nicht. Denn selbst sein Hund wurde schon Opfer eines Angriffs.
Das Feuer im Hinterhaus am 31. August legte kein Schwulenhasser, sondern
Weinerts früherer Lebenspartner — wohl aus Verzweiflung. Die
Berichterstattung hat das “K 6” ein wenig bekannter gemacht. “Seitdem
waren ein paar neue Gesichter hier”, berichtet der Wirt. Zwischen 16 und
über 60 Jahre alt sind seine Gäste. Frauen dürften offiziell nicht in
die Bar, sagt der Wirt — wegen der Männerakte. Obwohl keines der Bilder
anstößig ist, und die Fotos sicher auch Frauen gefallen können. Wie zum
Beweis sitzt eine ältere Dame am Tisch und trinkt Kaffee.
Beziehungsmäßig will Weinert erst seit 15 Jahren nichts mehr von Frauen
wissen. “Die haben mich nur ausgenommen”, sagt der frühere
Reichsbahn-Monteur, Kraftfahrer und Filmvorführer. Im Dezember 1989 hat
ihn seine letzte Frau vor die Tür gesetzt. “Dann habe ich es einfach mit
Männern probiert.”