Am Vorabend des sogenannten “Volkstrauertag” besuchten Neonazis den Soldatenfriedhof auf dem Friedhof in der Fontanestraße in Strausberg. Am „Soldatenfriedhof“, auf dem gefallene Wehrmachtssoldaten liegen, legten Neonazis ein in schwarz-weiß-rot gehaltenes Blumengesteck nieder, an dem eine Schleife mit der Aufschrift „Eure Heldentaten bleiben Unvergessen“ angebracht war. Außerdem fanden sich neben dem Blumengesteck Grabkerzen mit Stickern der neonazistischen Kleinstpartei der III. Weg sowie eine aus Holz selbstgebaute, gestürzte Lebensrune, die den Tod symbolisiert. Sie posierten mit einem Fackelmarsch für Fotos zur Veröffentlichung auf der Website des III. Weges.
Diese Aktion kann als Ersatz gesehen werden für das von Neonazis seit Jahren vollzogenen Aufmärsche in Wunsiedel in Oberfranken. Das offensive Auftreten der Neonazis mit Fackeln und klarer Bezugnahme auf den NS in dieser Größenordnung ist bedrohlich und besorgniserregend. Sie verkennen die Verbrechen der Wehrmacht und glorifizieren die Morde und Verbrechen gegen die Menschheit, die auch die Wehrmacht begangen hat. Dass Neonazis mit öffentlichen Aktionen und Blumensträußen am heutigen Tag ihre Ideologie verbreiten, geschieht bundesweit und ist auch nicht das erste Mal in Strausberg erfolgt. Immer wieder waren ähnliche Gebinde und Aktionen auf dem „Soldatenfriedhof“ zu finden. So haben in der Vergangenheit die “Kameradschaft Märkisch-Oder Barnim (KMOB)”, als auch Strausberger Nazis zusammen mit Nazis aus umliegenden Landkreisen Kränze und Ähnliches niedergelegt. Die ca. 20 anwesenden Personen lassen vermuten, dass auch hier Neonazis aus ganz Märkisch-Oderland und darüber hinaus zusammengekommen sind. Zwar war der III. Weg bisher in der Region wenig präsent, wenn von Aus
flügen in die Märkisch-Schweiz durch Aktivisten aus anderen Regionen wie im Oktober 2017 abgesehen wird. Es tauchen immer mal wieder Sticker der Partei in Strausberg und Umgebung auf, aber die geringe Quantität lässt nicht auf eine aktive Zelle des III. Weges in der Region schließen — aber immerhin zu Verbindungen, über die das Material verteilt wird.
Dennoch: Strausberg blickt auf eine lange und aktive Kameradschaftsszene zurück. Auch wenn es nach dem Verbot der „ANSDAPO“ 2005 ruhiger um die Nazis geworden ist, so sind sie immer noch unter dem Label der Bruderschaft „AO Strausberg“ aktiv und gut vernetzt. Ihr Hang zur NS-Symbolik und Gewaltaffinität verbindet sie zumindest theoretisch mit dem III. Weg. Darüber hinaus gibt es auch mit der bundes- und europaweit bekannten Strausberger Rechtsrock Band “Exzess” weitere Akteure vor Ort, die auch Kontakte in das militante Neonazi-Spektrum haben, zu dem auch der III. Weg gezählt werden kann. So verkauft Exzess über ihr eigenes Label auch das Handbuch für die Aktivisten des III. Weges “National, Revolutionär, Sozialistisch”. Der Frontmann von Exzess Tobias Vogt wird auch dem Organisatorenkreis des neonazistischen Kampfsportevent “Kampf der Nibelungen” zugerechnet. Da hier auch regelmäßig Aktivisten des III. Weges antreten und involviert sind, könnte hierüber ein Kontakt nach Strausberg entstanden sein.
Ähnlich verhält es sich mit Andrew Stelter. Der schon in den 90er Jahren aktive Neonazi war lange Jahre NPD-Kader und rund um die verbotene Heimattreue Deutsche Jugend aktiv. Stelter, der auch am 3.Oktober 2020 bei dem bundesweit mobilisierten Aufmarsch des III. Weg in Berlin-Hohenschönhausen anwesend war, war in Strausberg bis vor kurzem als Boxtrainer im „Boxclub Strausberg e.V.“ vom KSC Strausberg aktiv. Es lässt sich vermuten, dass dieser auch an der Aktion zum “Volkstrauertag” beteiligt war. Es ist davon jedenfalls davon auszugehen, dass die Aktion aus einem ähnlichen Personenspektrum kommt bzw. über die Kontakte der Strausberger Kameradschaftsszene und Exzess organisiert wurde.
Wir haben das einzig sinnvolle mit dem Nazizeug gemacht: die Rune wurde zu Feuerholz und die Blumen werden kompostiert.