(Berliner Zeitung, 21.2.) BLOSSIN. Die PDS in Brandenburg hat einen neuen Landesvorsitzenden: Thomas
Nord ist 47 Jahre alt und landespolitisch noch ein unbeschriebenes Blatt.
Diszipliniert, aber nicht eben begeistert folgte die Basis auf einem
Parteitag am Wochenende in Blossin bei Königs Wusterhausen dem
Personalvorschlag des scheidenden Parteichefs Ralf Christoffers. Der trat
wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr an. Es gab keinen
Gegenkandidaten, etwas Gegrummel und nur 77 Prozent Zustimmung für Nord.
Seine wichtigste Aufgabe: Maßgeblich dazu beizutragen, dass die PDS 2006 die
Rückkehr in den Bundestag schafft. Seine größte Hypothek: Als
Jugendclubleiter lieferte er der Stasi bis zur Wende Berichte über Leute,
die sich kritisch über die DDR äußerten. Heute bedauert er sein
“persönliches Versagen”.
Vor zwei Jahren hatte Christoffers Thomas Nord als Landesgeschäftsführer
nach Potsdam geholt. Diese und andere Funktionen hatte er auch in der
Berliner PDS schon inne. Mitte der 90er-Jahre war er Mitarbeiter Stefan
Heyms im Bundestag. Die jüngsten Erfolge — Sieg bei der Europa-Wahl,
erstmals zweitstärkste Kraft im Landtag — werden in der PDS auch Nord
angerechnet. Dass Christoffers den Mann aus der zweiten Reihe zu seinem
Nachfolger ausrief, hat viele in der PDS überrascht — und irritiert.
Offen opponiert hat auf dem Wahlparteitag aber nur Heinrich Parthey: “Ich
bin noch so erzogen: Der größte Lump im ganzen Land ist der Denunziant”,
rief der Delegierte aus Märkisch-Oderland unter Unmutsbekundungen im Saal.
Seine Sorge, “Mitglieder und Wähler könnten es übel nehmen, wenn zum ersten
Mal ein inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit zum PDS-Landeschef
gewählt wird”, fand wenig Resonanz.
Andere Vorbehalte gegen den Neuen an der Spitze sind weiter verbreitet. Die
Bildungspolitikerin Gerrit Große etwa bekannte am Rande ihre Bauchschmerzen,
was mangelndes politisches Profil und Bekanntheit von Nord angeht. Andere
Abgeordnete sprechen von einem “Kulturbruch”, den die PDS vollziehe. Die
alten Kämpfer sind auf dem Rückzug. Der langjährige Fraktionschef Lothar
Bisky weilt zum Parteitag in Neuseeland. Und Heinz Vietze, ohne den in 15
Jahren keine Personalie entschieden wurde, war wegen einer Kur verhindert.
Interessiert verfolgte dafür Stefan Liebich, Berlins PDS-Partei- und
Fraktionschef, das Geschehen. Aus den Zeiten, als der heutige
Wirtschaftssenator Harald Wolf noch Fraktionschef und Liebich Landeschef
ohne Parlamentsmandat war, erinnert er sich: “Die entscheidende Medienarbeit
findet im Landtag statt. Man sollte sich da keine sinnlose Konkurrenz
liefern.” Doch die Fraktionsvorsitzende Dagmar Enkelmann bestritt am Sonntag
nicht, dass sie sich auf dem Parteitag deutlichere Akzente Nords bei
landespolitischen Themen gewünscht hätte.