Im Aussiedlerheim in Peitz droht ein Familiendrama. 31 Kinder, Frauen und Männer einer deutsch-russischen Großfamilie sollen auseinander gerissen werden. Die evangelische Flüchtlingsseelsorge will mit allen Mitteln dagegen kämpfen.
“Wir können uns nur noch aus dem Fenster stürzen. In Kasachstan können wir nicht mehr leben. Wir haben nur noch unsere Sachen, sonst gar nichts mehr.” Peter Akst junior ist verzweifelt. Anfang Februar waren er, seine Stiefmutter, seine Familie und die Familien von fünf seiner Geschwister aus einem Dorf in Kasachstan nach Deutschland gekommen.
Sechs Jahre lang hatten sie gemeinsam für die Einreisepapiere und die Anerkennung als Deutsche gekämpft. Alles schien für die insgesamt 31 Mitglieder der Familie Akst in bester Ordnung. Nun aber steht der Familienverband, der seit Jahrzehnten fest miteinander verknüpft ist, vor einer schmerzlichen Trennung.
18 Kindern, Frauen und Männern droht die Abschiebung aus Deutschland, 13 Familienmitglieder sollen dagegen bleiben dürfen.
Doppelter Schock
Der Fall ist tragisch und kompliziert zugleich. Maria Akst, eine Deutsche aus der ehemaligen UdSSR, lebte seit 1963 mit dem Witwer Peter Akst, ebenfalls deutscher Nationalität, in einem kleinen Dörfchen in Kasachstan zusammen. 1980 heiratete sie ihn.
Ihr Mann, dessen Partnerin früh verstorben war, brachte vier Kinder mit in die neue Gemeinschaft. Beide bekamen noch vier gemeinsame Kinder.
Auf dem Weg aus dem heimatlichen Dorf nach Deutschland, zwei Tage vor der geplanten Ausreise, verstarb Vater Peter Akst urplötzlich bei einem Zwischenstopp im russischen Saratow. Am 7. Februar beerdigte die Familie den Toten, am Nachmittag reiste sie aus.
Längst war in der Heimat alles verkauft, das Geld in Flug- und Bustickets investiert, sogar ein Kredit dafür aufgenommen. Ein Zurück gab es trotz des schmerzlichen Verlustes für alle nicht mehr. Die Papiere für eine Einreise und die Anerkennung in Deutschland schienen in Ordnung.
Nach der Tragödie um das Familienoberhaupt kam dann der nächste Schock: Nach vier Wochen Aufenthalt im Bundesaufnahmelager für Aussiedler in Friedland wurde nämlich festgestellt, dass die Stiefkinder von Maria Akst und deren Familienangehörige nicht mehr die juristischen Voraussetzungen für eine Anerkennung als Deutsche nach dem Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz erfüllten. Mit Vater Peter war nämlich die Bezugsperson noch außerhalb von Deutschland gestorben. Das Bundesland Brandenburg verweigerte daher die Aufnahme der gesamten Großfamilie.
Als Maria Akst mit den zwölf als Deutsche anerkannten Familienmitgliedern im Aussiedlerheim in Peitz ankam, erfuhr Matthias Frahnow von der evangelischen Flüchtlingsseelsorge von der beabsichtigten Trennung der Familie und dem drohenden Drama.
Der Seelsorger erreichte zunächst einen Aufschub der Abschiebung und die Unterbringung im Aussiedlerheim in Peitz.
Hoffnung auf menschliche Lösung
Frahnow und Bürger von Drehnow haben die Versorgung der Familie übernommen, weil diese aus staatlichen Mitteln nicht erfolgte.
Matthias Frahnow hat den Petitionsausschuss des brandenburgischen Landtages angerufen. “Es muss eine humanitäre Lösung im Sinne der Familie geben. Deutschland kann sie nicht einfach über seine Grenze schicken und 18 Menschen, darunter auch Säuglinge, ihrem Schicksal überlassen. Sie haben nichts mehr”, sagt er. Stellungnahmen des Petitionsausschusses und des brandenburgischen Innenministeriums waren am gestrigen Abend nicht mehr zu erhalten.
Heute werden die 13 als Deutsche anerkannten Mitglieder der Familie Akst nach Pahlsdorf gebracht. Ob sie den Rest der Familie jemals wieder sehen werden, ist ungewiss. “Ich weine und bete um meine Familie”, sagt die völlig verzweifelte Mutter Maria Akst.