(MAZ, Kerstin Henseke) BELZIG 65 Flüchtlinge sind im vorigen Jahr im Kreis Potsdam-Mittelmark
vorübergehend aufgenommen worden. Das sind 30 Personen weniger als die auf
die Einwohnerzahl abgestimmte Verteilerquote vorsieht und entspricht dem
bundesweiten Trend einer starken Rückläufigkeit von Asylersuchen. Mit Stand
vom 31. Dezember waren zwischen Havel und Fläming 460 Flüchtlinge mit
unterschiedlichem Aufenthaltsstatus registriert. Etwa 69 Prozent von ihnen
sind Männer zwischen 18 und 60 Jahren. Die Gruppe der gleichaltrigen Frauen
macht etwa 17 Prozent aus, knapp 14 Prozent sind Kinder und Jugendliche.
192 Personen sind vietnamesischer Herkunft und kamen zum großen Teil als
Vertrags-arbeiter in die DDR. Seitdem leben sie hier und werden aufgrund der
politischen Verhältnisse im Herkunftsland nicht zur Rückkehr aufgefordert.
57 Flüchtlinge entstammen einer der jugoslawischen Teilrepubliken und 20
kommen aus Bosnien-Herzegowina. Bei 16 Personen ist die Nationalität
aufgrund fehlender Personaldokumente ungeklärt.
Die Landkreise sind verpflichtet, Asyl Suchende zu beherbergen. Dabei steht
nach dem Zuwanderungsgesetz für diesen Personenkreis nicht Integration im
Vordergrund, sondern eine vorübergehende, bis zur Beendigung des
Asylverfahrens andauernde Unter-bringung. 317 der Flüchtlinge sind in Belzig
gemeldet, etwa die Hälfte von ihnen lebt im Übergangswohnheim im
Weitzgrunder Weg bzw. in Wohnungen. Letztere sind vor allem Familien mit
Kindern oder chronisch kranken Men-schen vorbehalten. Eine zweite
Gemeinschaftsunterkunft sowie Wohnungen werden in Treuenbrietzen
vorgehalten, in denen nach offizieller Statistik 143, real aber nur 61
Asylbewerber leben.
Nach Aussagen von Birgid Prescher, zuständige Sachge-bietsleiterin im
kreislichen Amt für Soziales und Wohnen, nähmen etwa 150 Flüchtlinge die
ihnen zustehenden geldlichen Sozialleistungen ohne Unterkunft in Anspruch,
lebten also woanders. Entsprechend reduziert wurden die Kapazitäten der vom
Landkreis unterhaltenen beiden Übergangswohnheime. Sie könnten allerdings
mittlerweile gar nicht alle Asylbewerber betten, kämen diese ihrer
Residenzpflicht nach. In der Verwaltung wird zudem bereits darüber
nachgedacht, aus Wirtschaftlichkeitsgründen alle Flüchtlinge in Belzig zu
konzentrieren und das Treuen-brietzener Heim zu schließen. Im
Sozialausschuss fand dieses Ansinnen geteilte Meinungen. Während Astrit
Rabinowitsch (PDS) prinzipiell für eine verstärkte Unterbringung in
Wohnungen plädierte, warf Cornelis Berkouwer (Auslän-derbeirat) die höhere
Lebens-qualität in Treuenbrietzen in die Waagschale. “Die Flücht-linge dort
erfahren wesentlich mehr Akzeptanz bei den Einheimischen. Es gibt viele
persönliche Kontakte und eine größere Selbstverständlichkeit im Umgang.
Natürlich wäre es für das Landratsamt Belzig billiger, nur ein Heim zu
unterhalten, aber man muss auch fragen, was Qualität kosten darf.”
Im Belziger Wohnheim, das vom Arbeits- und Ausbil-dungsförderverein (AAfV)
Kuhlowitz betrieben wird, kümmern sich zwei Sozialar-beiterinnen um die
Beratung der Flüchtlinge. Im Info-Café ist eine halbe Personalstelle zur
Beratung der in Wohnun-gen lebenden Klientel finan-ziert worden. Auch die
Stadt Treuenbrietzen sichert die Betreuung ihrer Asylbewerber mit einer
Sozialarbeiterin ab.
Birgid Prescher konstatierte zudem ein großes ehrenamtli-ches Engagement in
diesem Bereich, getragen von einem Netz, das Schulen, Kirche, Vereine und
Privatpersonen geknüpft haben.
Ein Problem, so die Fachfrau, sei die Beschäftigung der Flüchtlinge. Diese
dürfen laut Gesetz nach einem Jahr Aufenthalt entweder mit einer
Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde oder gemeinnützig arbeiten. Ersteres
ist wegen langer Bearbeitungszeiten, in denen sich Arbeitgeber andere
Lösungen suchen, nahezu aussichtslos, letzteres aber stark nachgefragt.
Gemeinnützige Arbeitsmöglichkeiten, noch nicht ausreichend vorhanden, sollen
deshalb verstärkt geschaffen werden.