Die Brandenburger Rote Hilfe ruft zum diesjährigen internationalen
Protesttag gegen Polizeigewalt am 15. März und zum internationalen Tag der politischen Gefangenen am 18. März zu fantasievollen und kreativen Aktivitäten im Land Brandenburg auf. Macht mit!
Hier die Aufrufe zum 15.März (von COBP dem Kollektiv gegen
Polizeibrutalität) und zum 18.März (von der Roten Hilfe und Libertad!)
Gemeinsamer Aufruf von Libertad! und Rote Hilfe:
Bundesweiter Aktionstag 18. März 2002
Solidarität und Widerstand gegen staatliche Repression,
Sicherheitsgesetze und Abschiebungen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Die Solidarität mit den politischen Gefangenen hat nichts von ihrer Dringlichkeit verloren. Überall auf der Welt sind Frauen und Männer aus sozialen und revolutionären Bewegungen mit staatlicher Verfolgung und Gefängnis, manchmal auch mit dem Tod konfrontiert, wie es das seit mittlerweile 16 Monaten andauernde Todesfasten der türkischen politischen Gefangenen gegen
Isolationsfolter zeigt.
„Krieg gegen den Terrorismus“ als Weltinnenpolitik.
Der 11. September und der seitdem gestartete „Krieg gegen den Terrorismus“ haben weltweit die Bedingungen für emanzipatorische Politik neu gesetzt, in jedem Land, auf jedem Kontinent, in jeder gesellschaftlichen Auseinandersetzung. So wurden in Deutschland wie auch in den übrigen EU-Staaten eine Vielzahl von Gesetzen verabschiedet, mit denen hemmungslos die Repressionsorgane ausgebaut und ihre Zusammenarbeit intensiviert werden. Die dabei am meisten erfaßte und von rassistisch motivierter Repression betroffene Bevölkerungsgruppe sind Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten.
In den USA wurden nach dem 11. September politische Gefangene in Isolationshaft verlegt und unter Kontaktsperre gestellt. Aufgrund von Protesten mussten diese Maßnahmen wieder rückgängig gemacht werden. In der Türkei stürmten am 5. November 3000 Polizisten mit Panzern und Bulldozern Häuser in dem Istanbuler Stadtviertel Küçük Armutlu, wo sich Angehörige und vorläufig entlassene Gefangene ebenfalls in einem Todesfasten gegen Isolation befanden. Bei dieser Operation wurden sechs Menschen ermordet. In Spanien wurde die baskische Gefangenenhilfsorganisation Gestoras pro-Amnistia, die seit 20 Jahren den Schutz der baskischen politischen Gefangenen organisiert, verboten und 12 ihrer Mitglieder verhaftet. Das sind nur ein paar Beispiele dafür, wie im Fahrwasser des „Krieges gegen den Terrorismus“ politische Gefangene und die Solidarität mit ihnen angegriffen werden. Aber auch schon vor dem 11. September hat das letzte Jahr deutlich gemacht, dass die Proteste und Demonstrationen gegen die globale Ausbeutung und Unterdrückung zunehmend mit Ausreiseverboten, brutalen Polizeieinsätzen, Massenfestnahmen und hohen Haftstrafen konfrontiert sind. Militante Demonstrantinnen und Demonstranten werden als „linke Hooligans“ und „Verbrecher“ denunziert. Das zielt auf Abschreckung aller, die gegen die kapitalistische Zurichtung der Welt auf die Straße gehen. Ihr Widerstand soll entpolitisiert und kriminalisiert werden. Trauriger Höhepunkt dieser Repression in Europa war im letzten Jahr die Ermordung von Carlo Giuliani in Genua durch italienische Polizisten.
Wessen Welt ist die Welt?
G8, IWF oder Deutsche Bank sind genauso wie NATO, Bundeswehr oder US-Army direkt verantwortlich für eine Politik, die in ihrer Konsequenz immer mehr Menschen eine katastrophale Lebensperspektive aufzwingt. Die Mehrheit der Menschen steht im Abseits und ist unter Umständen zum Abschuß freigegeben. Das ist weder Schicksal noch naturbedingt. Niemand müsste heute noch verhungern, an heilbaren Krankheiten sterben, auf der Straße leben, im Müll hausen: Die Menschheit könnte in dieser Welt sehr viel bewegen; sie besser und gerechter machen. Und das ist keine banale, abgeschmackte Utopie. Die Ressourcen, die technischen Möglichkeiten, die sozialen Erfahrungen und das historische Wissen sind sehr wohl dafür vorhanden. Genau in diesem zentralen Widerspruch bewegen sich international alle Auseinandersetzungen. Es geht um die Frage der Verfügungsgewalt über das eigene wie das gesellschaftliche Leben. Von Genua bis Gaza, von Türkei/Kurdistan bis Buenos Aires: Dass sich immer wieder Menschen gegen die herrschenden Verhältnisse in Bewegung setzen, so unterschiedlich und
widersprüchlich sich das auch ausdrückt, ist vor allem, weil sie es nicht mehr aushalten. Den Zwang dieser Verhältnisse, rassistische Diskriminierungen und soziale Ausgrenzung, die Verlogenheit und Doppelmoral der offiziellen Politik wie auch im gesellschaftlichen Leben. Und es sind oft sehr unmittelbare Bedürfnisse, die das Feuer der Rebellion und des Widerstands
entfachen. Bedürfnisse nach Gerechtigkeit und Selbstbestimmung; die eigene Würde zu erobern gegen unmenschliche gesellschaftliche Verhältnisse. Keine noch so gut formulierte Rhetorik von Liberalisierung und Privatisierung kann das zudecken. Und der auf Neuordnung der Verhältnisse und Kaltstellen jeder fundamentalen Opposition zielende globale Kriegszustand wird die Stimme der Unterdrückten nicht zum Schweigen bringen.
Gegen das Vergessen!
Trotz unterschiedlicher Realitäten in der Welt, die objektive Entwicklung macht es heute mehr denn je möglich, die Revolten und Widerstände zu vernetzen und die Solidarität mit den politischen Gefangenen international zu stärken. Dabei gilt auch: Die Erfahrungen gesellschaftlicher Kämpfe der Vergangenheit sind nicht tot. Wo immer Menschen das Leben wagen, lebt auch die Erinnerung an sie. Gestern, Heute, Morgen. So ist das Datum des bundesweiten Aktionstages nicht willkürlich gewählt. Der 18. März steht für die Barrikadenkämpfe der aufständigen Massen in Berlin 1848 gegen den Feudalismus und die preußische Armee. Er steht weiterhin für den Beginn der Pariser Kommune 1871, der ersten Räterepublik der Welt, und er war schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Aktionstag der internationalen Roten Hilfe für die Solidarität mit den politischen Gefangenen. Bewusst an diese Traditionen der €päischen Klassenkämpfe anknüpfend, rufen Libertad! und Rote Hilfe zum siebten bundesweiten Aktionstag auf. Schutz und Solidarität für politische Gefangene und von staatlicher Repression Betroffene wird es nur dort geben, wo sie selbst organisiert und erkämpft werden. Dafür steht der 18. März: Diejenigen nicht zu vergessen, die aus den weltweiten Widerstandsprozessen gerissen wurden. Auch dann nicht, wenn wir sie nicht persönlich kennen. Es ist ein politisches Verhältnis. Wofür in Kurdistan, Argentinien oder in den USA gekämpft wird, sollte auch hier gekämpft werden. Und was dort verloren wird, wird in letzter Konsequenz auch hier verloren. Vergessen wir nicht, dass es auch in deutschen Gefängnissen nach wie vor eine ganze Reihe von politischen Gefangenen gibt. Beispielsweise aus RAF und anderen militanten Gruppen, ehemalige DDR-Funktionäre, türkische und kurdische Aktivistinnen und Aktivisten, Totalverweigerer, Flüchtlinge in Abschiebehaft. Ihnen allen gehört unsere Solidarität.
Beteiligt euch mit eigenen Aktivitäten am diesjährigen 18. März!
Macht mit bei den verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen vor Ort!
Organisiert an und um diesen Tag herum Öffentlichkeits- und Protestaktionen in Solidarität mit den politischen Gefangenen.
Gegen staatliche Unterdrückung, die neuen Sicherheitsgesetze und Abschiebungen!
Frankfurt und Göttingen, den 01.02.2002
Libertad!
Falkstraße 74, 60487 Frankfurt
Rote Hilfe, Bundesgeschäftsstelle
Postfach 3255, 37022 Göttingen
Internationaler Protesttag gegen Polizeibrutalität am 15.März 2002
Der 15. März 2002 ist bereits der 6. alljährlich stattfindende internationale Protest- und Solidaritätstag gegen Polizeibrutalität. 1997 fand er auf Initiative des schweizer Kollektivs ” Drapeau Noir “(Die schwarze Fahne ), und mit der Hilfe von COBP (Kollektiv gegen Polizeibrutalität) aus Montreal/Kanada zum ersten Mal statt. Seitdem ist der Internationale Protesttag gegen Polizeibrutalität (IPGP) ein Erfolg. Das Datum des IPGP, der 15. März, wurde ausgewählt, weil 2 Kinder im Alter von 11 und 12 Jahren an diesem Tag von der schweizer Polizei geschlagen wurden. Dieser Polizeibrutalität anprangernde Tag ermöglicht die Gründung und Verstärkung der Verbindungen zwischen den Gruppen, die weltweit direkt und indirekt gegen diese staatliche Brutalität kämpfen. Er schafft internationale Solidarität, die angesichts der weltweit kollaborierenden und äußerst gut organisierten Polizei unbedingt notwendig ist. Die von dem IPGP dargestellte Solidarität spielt eine unheimlich wichtige Rolle in der nötigen Entwicklung der Anprangerung der Polizeibrutalität.
Es ist die Entscheidung der Polizei ein “Verbrechen” zu bestrafen, ein “Gesetz” an einem Ort und zu einer Zeit und gegen welche Person anzuwenden. Die Polizei, Vollbeauftragter des Staates, übertritt nämlich überall und jeden Augenblick die Gesetze, die sie angeblich zur Anwendung bringen müsste. Sie missbraucht ununterbrochen ihre Vollmachten und sie lässt ihrer Gewalt straflos freien Lauf. Die Polizei beobachtet, kontrolliert, spioniert, klagt an, bestraft, gibt Geldstrafen, missachtet, verfolgt, verhaftet, quält, prügelt, foltert, sperrt ein, deportiert, entehrt und tötet. Sie zielt vor allem auf die “Unerwünschten der Gesellschaft” (die gefährliche Klasse) ab: Arme, Obdachlose, Farbige, ImmigrantInnen und Personen in nichtregulärer Situation (Papierlose, SchwarzarbeiterInnen), “Sexworkers”, politische AktivistInnen, engagierte StudentInnen, organisierte ArbeiterInnen, gay, transexual und feministische Aktivisten und alle die die Autoritäten bezweifeln Dazu haben seit einigen Jahren die internationalen Kampfbewegungen gegen die kapitalistische Mondialisierung zu einer immer mehr mächtigten Polizeirepression geführt. Die Polizei begnügt sich nicht mehr mit der Nutzung von “nicht-tödlichen” Waffen während Demos. Sie begnügt sich nicht mehr mit ihrer grausamen Polizeibrutalität, Sicherheitsverwahrung (Entführung), illegale Verwahrung, unmenschliche Verhaftungsbedingungen bis hin zur Folter. Jetzt schießt und erschießt die Polizei Demonstranten ohne zu zögern. Sei es in Göteborg, Genua, Argentinien, man zählt die Verletzten und die Toten. Den lebhaften und mächtigen Demos gegen die Globalisierung, die den Kapitalismusturm bekämpfen, dem Auseinanderklaffen zwischen Armen und Reichen, der unvermeidlichen Erhöhung der Armut, dem Elend und der allgemeinen Verschlechterung der Lebensbedingungen entgegen investieren die Regierungen ins Polizeiamt, damit die Ordnung und der Sozialfrieden um jedem Preis durchgesetzt werden.
Die Ereignisse dem 11. September in die USA haben weltweit zu einem wahrhaften Sicherheitswahnsinn geführt. Weltweit verhandeln die Regierungen über faschistische Anti-Terror Gesetzentwürfe, die die Grundrechte in Frage stellen. Die wachsende und systematische Überwachung aller Kommunikationsmittel, die Einschränkung der Grenzen, die rassistischen Anti-Zuwanderungsgesetze betreffen keineswegs potentielle Terroristen, sie betreffen vielmehr zum Beispiel ausländische Studenten, Asylbewerber, Flüchtlinge, Personen in Regularisierungsprozess, Familien die ihre Angehörige wiederfinden möchten, etc. Diese Ereignisse haben auch zu einer sofortigen Steigerung des Budgets und der Macht der verschiedenen Polizeiapparate auf der internationalen Ebene geführt, was totalitäre Auswirkungen gegen die “Unerwünschten”, die gefährliche Klasse nach sich zieht. Gegenüber dieser faschistoid werdenden Gesellschaft und dem Stiefelgeräusch sind wir verantwortlich uns zu organisieren und alle Opfer der Staatsgewalt zu unterstützen.
Wir laden Sie ein an dem internationalen Protesttag gegen Polizeibrutalität teilzunehmen. Bis jetzt gab es folgende Veranstaltungen:
Straßentheater, Wandmalerei, Publikationen, Demonstrationen, Konferenzen, Plakataktionen, Workshops, Ausstellungen, Radio- und Fernsehsendungen, kulturelle Feiern. Einige Gruppen haben mehrere Aktionen vorbereitet andere haben Koalition gebildet. Jedes Kollektiv, jeder Mensch entscheidet seine Aktionsmittel in Abhängigkeit von der politischen Lage des jeweiligen Landes, der Durchführbarkeit bestimmter Aktionen, der Verfügbarkeit finanzieller Mittel usw. Der Schlüssel ist unsere Phantasie, unsere Kreativität.
Unser Kampf hat keine Grenzen!
Weg mit allen Polizeistaaten!
Organisieren wir den internationalen Protesttag gegen Polizeibrutalität!
Weiterführende Links: