Gegen Spaßgesellschaft
Handelsvertreter Ringel will mehr Basisdemokratie
In der Öffentlichkeit geben sie sich redegewandt und sicher, zeigen sich von ihrer fotogenen Seite. Doch wie sieht es hinter der politischen Fassade aus? Die RUNDSCHAU startete den Versuch, die ganz privaten Seiten der sieben Bundestagskandidaten zu erkunden und traf sich mit ihnen zum Frühstück zu Hause.
Hoyerswerda.
Gotthard Ringel (53 Jahre) hat ein schmuckes Haus. Es steht in Sacka, Gemeinde Thiendorf etwas ab vom Schuss. Was die Leute hier bewegt, sind einfache Dinge. Solche, die sie im eigenen Portmonnee spüren. Zum Beispiel die Abwassersatzung. Die hat dazu geführt, dass sich Gotthard Ringel intensiver mit Politik beschäftigte. Als Sprecher der “Bürgerinitiative gegen Erhöhung der Abwasserkosten ” in der Trinkwasserschutzzone Radeburg machte er erste basisdemokratische Erfahrungen. Nach der Wende hat er sich anfangs für die DSU engagiert. Später kam dann irgendwann die Freiheitliche Partei Deutschlands. Und weil sich der verheiratete Vater von zwei Kindern durch die im Bundestag vertretenen Parteien nicht wirklich gut vertreten fühlte, schloss er sich den Freiheitlichen an. Zwar habe er nichts mit Haider von der Freiheitlichen Partei Österreichs zu tun, weil der kein Zukunftskonzept habe, aber gegen Parteienfilz sei er auch, so Ringel. Der gebürtige Sachse (Ponikau), der sich volkstümlich gibt und ebenso aus einem bayerischen Dorf stammen könnte, sagt gern Dinge, die andere nicht sagen. Dass es sich bei dem Attentat auf das World Trade Center um eine furchtbare Tragödie gehandelt habe, die aber niemals von denen geplant und durchgeführt wurde, die es gewesen sein sollen. “Die Leute um bin Laden hatten doch gar nicht die technischen Voraussetzungen dazu ” . Es war also ein Komplott. Aber wer genau dahinter steckt, weiß auch Ringel nicht. Leider. Der studierte Landwirt und selbstständige Handelsvertreter hat in sein Programm geschrieben, dass er für Ehrlichkeit in Politik und Wirtschaft steht. Dort steht auch, dass er Rechtsstaatlichkeit und Grundgesetz in vollem Umfang achtet. Dies hindert ihn nicht daran, seine Partei als zurzeit einzige Alternative zum bestehenden Parteiensystem zu bezeichnen. Es hindert ihn auch nicht, deutlich Stellung gegen die USA-Politik zu beziehen und die Nato abzulehnen. Ebenso radikal wendet er sich gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr in aller Welt. Er befürchtet eine Eine-Welt-Regierung, mit den Vereinigten Staaten an der Spitze. “Die Amis haben selbst ihre Urvölker vertrieben und Sklaven geholt. Sie haben keine eigene Kultur als Basis, hetzen aber seit 1871 gegen Deutschland. ” 1871. Bismarck. Nationalstaat. Kriege. Ringel hat einiges über deutsche Geschichte gelesen. Er verehrt Bismarck, aber auch Albert Schweitzer, wie er sagt. Er meint, dass das “deutsche Volk das am meisten gedemütigte Volk des 20. Jahrhunderts ” ist. Und dass man Deutschland nicht vorwerfen können, viele Kriege angezettelt zu haben, England habe die meisten Kriege geführt. Wir sitzen in einem blitzblanken Wohnzimmer in einem ruhigen Örtchen nahe der Autobahn. Der Mann, der dem Journalisten gegenüber sitzt, schätzt an sich selbst seine Geradlinigkeit und Ehrlichkeit. Er ist gegen die Spaßgesellschaft, weil sie nicht geeignet ist, die Probleme der Zukunft anzupacken, lässt aber bei aller “Ernsthaftigkeit auch mal die Sau raus. ” Das glauben wir gern. Er will, dass sich das Volk direkt an der Macht beteiligt. Volksabstimmung. Volksentscheid. Direktwahl. Dann nämlich hätten aus seiner Sicht auch Leute wie er mehr Einfluss auf die Gestaltung der Zukunft. Aber selbst wenn es nicht klappe mit der Wahl, habe er genug zu tun. Kommunalpolitik vor Ort. Die Arbeit als Vertreter. Die Familie.