POTSDAM Im Sommer stürzte Jörg Schönbohm mit seiner Sicht auf den Osten seine Partei ins Umfragetief. Dann ging die Wahl am 18. September für die brandenburgische CDU deutlich verloren. Die nur 20,6 Prozent sind bundesweit die “rote CDU-Laterne” und lösten in der märkischen Partei Kopfzerbrechen darüber aus, wie lange “der Alte” noch an ihrer Spitze stehen sollte.
Bis zur Neuwahl der Parteiführung 2007? Oder muss er nach der verkorksten Bundestagswahl schon eher gehen? Der 68-Jährige wies jede Schuld am Wahlergebnis zurück, bemühte sich um Schadensbegrenzung und konterte mit einem Satz, den er offenbar so gut fand, dass er ihn gleich mehrfach wiederholte: “Über Rücktritt spricht man nicht, man vollzieht ihn.”
So ganz allerdings hält sich der Landesvorsitzende nicht an dieses Versprechen. Denn hin und wieder plaudert er ganz gern über seine politische Zukunft und löst damit regelmäßig Irritationen aus — in der Öffentlichkeit, aber vor allem in seiner Partei. Er hätte bereits einen Nachfolger als Parteichef im Blick — nur den Namen wolle er nicht sagen, überraschte Schönbohm, als ging es um ein Rate-Quiz beim Kindergeburtstag. Später lässt er seinen Parteisprecher dementieren: Er bereite seinen Rückzug nicht vor; er sei bis 2007 gewählt; er sei falsch verstanden worden.
Schönbohms stille Hoffnung war es immer, den Stabwechsel an einen Jüngeren zu übergeben — in ähnlicher Manier wie 2002 Manfred Stolpe. Doch die Chancen stehen denkbar schlecht. Weil der Ex-General selbst Anlass für Spekulationen bietet und keinen durchdachten Abmarschplan hat. Vor der Wahl sagte er, er wolle erst 2009 zur Landtagswahl abtreten. Dann hieß es wieder, er sei zunächst bis 2007 gewählt — alles weitere sei offen. Dass sein “Kronprinz” Ulrich Junghanns heißt, der im Kabinett Wirtschaftsminister ist und einer seiner vier Stellvertreter in der Partei, pfeifen die Spatzen längst von den Dächern. Bisher hieß es, Schönbohm “denke” über seine Nachfolger nach, es gebe mehrere. Jetzt gibt es offenbar für Schönbohm nur noch einen: Junghanns.
Nur wann präsentiert er ihn? Junghanns, der als Mann des Ausgleichs gilt, war von der Diskussion überrascht worden und ist darüber nicht glücklich. Er befürchtet, im Streit um die Nachfolge zerrieben und beschädigt zu werden. “Wenn andere spekulieren, dann kann ich das nicht verhindern — beteiligen werde ich mich daran nicht”, sagte er nur. CDU-Generalsekretär Sven Petke meinte zu den Chancen von Junghanns: “Klar ist: Junghanns ist DER Vertreter Schönbohms.”
Viele Fragen bleiben offen und erwecken den Eindruck eines ungeordneten Verfahrens. Über allem schwebt auch noch Schönbohms Traum, von Angela Merkel als Bundesverteidigungsminister gerufen zu werden. Junghanns wäre zunächst nur ein Dauer-Kronprinz in Wartestellung — der nächste Parteitag ist erst 2007. Sollte er davor Parteichef werden, müsste Schönbohm den Weg frei machen. Doch einen Sonderparteitag lehnte er erst vor wenigen Tagen ab. Zur Aufarbeitung der Wahlschlappe finden zwei Regionalkonferenzen statt. Unklar ist auch, ob Schönbohm nur als Parteichef ginge. Bleibt er als Minister im Kabinett, droht dort ein Gerangel, wer für die CDU das Sagen hat: Parteichef Junghanns oder Schönbohm.