Lübben/Cottbus — Gastfreundschaft wird in Brandenburg nicht immer groß
geschrieben. Diese Erfahrung machte auch Bundesaußenminister Joschka Fischer
bei seiner Wahlkampftour. Bei einem Stopp im idyllischen Lübben mußte der
Spitzenkandidat der Grünen gestern sogar eine Spreewaldgurke bezahlen, die
er für die Fotografen an einem Stand für Spreewald-Spezialitäten
kamerawirksam verzehrt hatte. Nach zwei Bissen in das sauer eingelegte
Gemüse sagte der Politiker artig: “Vielen Dank.” Dann wollte weitergehen.
Gurkenverkäufer Fritz Karl aber verlangte: “Und bezahlen?” “Von einem
Minister kann man ruhig was nehmen”, erklärte der forsche Imbiß-Mann, “der
hat Geld.”
Fischer schaute kurz säuerlich, kramte dann aber die geforderten 30 Cent aus
der Hosentasche. Er drückte sie dem Gurken-Fritz in die Hand und fügte
hinzu: “Ja, ja, Geld, das ist es, was alle immer denken … Aber da liegen
Sie falsch.” Dann ging es weiter zu einer Kahnfahrt durch den Spreewaldort -
ohne direkte Forderungen des Fährmannes.
Auf einer Kundgebung am Abend in Cottbus bereiteten wenigstens die mehr als
500 Zuhörer dem grünen Spitzenmann einen freundlichen Empfang. Am meisten
punktete Fischer, wenn er das Wort Stoiber in den Mund nahm. Eindringlich
warnte er neben Schwarz-Gelb vor der Linkspartei und warb an der Seite von
Spitzenkandidatin Cornelia Behm um Zustimmung für die Grünen.