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Antifaschismus

Jugendliche in Ostdeutschland: Wir waren wie Brüder

Unser Autor ist vor Neon­azis wegge­laufen und er war mit Recht­en befre­un­det. In den Neun­zigern in Ost­deutsch­land ging das zusam­men. Und heute?
Die eigene Hässlichkeit kann ein Rausch sein. Wenn man sie umarmt und das Grauen in den Gesichtern der­er sieht, die einen beobacht­en und ver­acht­en, aber sich nicht an einen her­antrauen, dann strömt Macht durch die Adern wie elek­trisch­er Strom.
Als ich bei über hun­dert Kilo­me­tern pro Stunde einem BMW hin­ter uns auf die Motorhaube pisse, spüre ich diese Macht. Als ich da im Dachfen­ster ste­he, die Hose bis zu den Ober­schenkeln herun­terge­lassen, sehe ich das große weiße Gesicht des Fahrers: Die Augen geweit­et, vor Schreck, Entset­zen, Empörung, bläht es sich auf wie ein Bal­lon, ich würde gern mit ein­er Nadel hineinstechen.
Ich bin neun­zehn, ich bin zehn Meter groß und acht Meter bre­it, ich bin unverwundbar.
Als am 27. August 2018 Män­ner mein­er Gen­er­a­tion, so um die vierzig, in Chem­nitz einen „Trauer­marsch“ ver­anstal­ten und einige ihre nack­ten Hin­tern in die Kam­eras hal­ten, wie man es bei YouTube sehen kann, denke ich an meine Auto­bah­n­fahrt. Als schwere Män­ner Hit­ler­grüße zeigen und Men­schen angreifen, deren Haut­farbe ihnen nicht passt, als die Polizis­ten nicht ein­schre­it­en, bin ich paralysiert, als würde etwas Dun­kles hochkom­men, von dem ich dachte, ich hätte es hin­ter mir gelassen. Aber ich erin­nere mich auch an diesen Mach­trausch, den Kick, wenn du jeman­dem klar­ma­chst: Regeln? Und was, wenn ich auf deine Regeln scheiße, mein Fre­und? Was dann?
Ich sehe Chem­nitz und frage mich: Was habt ihr mit mir zu tun? Was ich mit euch?
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