(BM) Wriezen — Ein 15-jähriger Berliner arabischer Herkunft ist am Mittwochabend in Wriezen (Märkisch-Oderland) von einem 15-jährigen Mädchen mit einer Rasierklinge attackiert worden. Die Angreiferin fügte ihm einen sieben
Zentimeter langen und 1,5 Zentimeter tiefen Schnitt am Hals zu. Der Junge schleppte sich zunächst noch in das Heim für schwer Erziehbare, wo er seit Februar untergebracht war. Ein Betreuer alarmierte den Notarzt. Im Krankenhaus Wriezen musste Mohammed F. operiert werden. “Sein Zustand war
lebensbedrohlich, denn er hatte bereits viel Blut verloren”, sagte Staatsanwalt Ulrich Scherding, Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder). Der Zustand des Jugendlichen stabilisierte sich aber gestern,
nachdem die Blutung gestoppt werden konnte.
Nur eine Stunde nach der offenbar rassistisch motivierten Attacke auf den Jungen konnte die Polizei die beiden hauptverdächtigen Jugendlichen aus Wriezen festnehmen: Susanne S. (15) und Tobias G. (14). Am Nachmittag erließ
das Amtsgericht Bad Freienwalde Haftbefehle gegen beide wegen versuchten Mordes. Aus Sicht der Ermittler haben die beiden aus “niedrigen Beweggründen” gehandelt. “Ihr Vorgehen war ganz eindeutig ausländerfeindlich motiviert”, sagte Scherding.
Die Tat geschah am Mittwoch gegen 19 Uhr mitten auf dem Marktplatz der 8600-Einwohner-Stadt im idyllischen Oderbruch. Mohammed F. schlenderte an der Kirche vorbei. Dort sah er eine Gruppe von etwa 15 Jugendlichen, die
sich nach Angaben eines Anwohners dort “regelmäßig” trifft. Unter den jungen Leuten sollen sich auch bekennende junge Neonazis befinden. Die “Linken” in Wriezen wüssten das, so der Insider, und mieden diesen Platz deshalb am Abend. Das spätere Opfer wusste indes offenbar nichts davon.
Mohammed F. fragte nach Angaben der Ermittler einen der Umstehenden nach einer Zigarette. Dies hätten die jungen Leute offenbar als Provokation verstanden, wie Scherding sagte. Zunächst hätten sie den Jungen beschimpft:
“Verpiss dich, du Araber.” Dann habe Tobias G. die Rasierklinge gezückt und dem Jungen gedroht: “Dich schlitze ich auf.” Schließlich soll Susanne S. mit den Worten “Lass mich den Araber aufschlitzen” die Klinge genommen haben.
Sie griff den Jungen an und zog ihm die Klinge quer über den Hals.
Mohammed F. hatte zunächst gar nicht begriffen, wie schwer er verletzt
worden war. In Panik rannte der Junge quer durch die Fußgängerzone zurück zu
der katholischen Jugendeinrichtung, in der er wohnt und wo er Hilfe fand.
“Ich wusste gar nicht, was los war, es ging so schnell”, sagte Mohammed
gestern im Krankenhaus.
Die mutmaßliche Täterin ist der Polizei in Wriezen einschlägig bekannt. Auf
das Konto des blonden, kräftigen und gedrungenen Mädchen gehen bereits
zahlreiche Körperverletzungen. Auch ein Verfahren wegen des Verwendens von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen soll bereits anhängig sein.
Im März 2000 hatten Skinheads auf einem Parkplatz in Wriezen einen damals
14-Jährigen mit Baseballschlägern fast zu Tode geprügelt. Sie hatten ihr
Opfer der linken Szene zugerechnet.
Versuchter Mord: Mädchen verletzt Behinderten mit Rasierklinge
(MOZ) Wriezen (MOZ) Ein geistig behinderter Jugendlicher ist in Wriezen
(Märkisch-Oderland) bei einem Überfall schwer verletzt worden. Ein
15-jähriges Mädchen hatte den gleichaltrigen Mohamed F. eine tiefe
Schnittwunde am Hals zugefügt. Als Tatwaffe gilt eine Rasierklinge. Die
Staatsanwaltschaft spricht von einem fremdenfeindlichen Motiv.
Sowohl die 15-jährige Susanne S. als auch ihr Freund Tobias G. (14) sitzen
seit Donnerstag in Untersuchungshaft. Die Ermittler werfen dem Paar
versuchten Mord vor. Staatsanwältin Konstanze Dalicho geht von “niederen
Beweggründen” der Täter aus.
Der Überfall hatte sich am Abend mitten auf dem Marktplatz der 7000
Einwohner zählenden Stadt zugetragen. Mohamed F. steuerte den Kreis von
zirka 15 jungen Leuten an, weil er sich eine Zigarette borgen wollte. Nach
Angaben von Ermittlern sollen die Jugendlichen den Libanesen daraufhin
beschimpft haben. “Fremdenfeindliche Parolen sind gefallen”, sagte die
Staatsanwältin. Täter und Opfer haben sich gekannt.
Dem Hass folgten Demütigungen. Im Kreis der Jugendlichen wurde Mohamed F.
gezwungen, seine Hose herunter zu lassen. “Die 15-jährige Susanne S. soll
ihm das befohlen haben”, so die Anklägerin. “Dass fand ihr Freund und
Mittäter offenbar nicht so lustig.” Er griff sich eine Rasierklinge und
hielt dem Opfer die scharfe Waffe an den Hals. Die schweren Verletzungen
fügte jedoch Susanne S. dem Jungen zu. Bei der Vernehmung durch einen
Haftrichter gestand die Schülerin, dass sie dem geistig Behinderten die
Rasierklinge in den Körper rammte. Eine sieben Zentimeter lange Wunde
klaffte im Hals des Jungen. Es bestand akute Lebensgefahr. Notärzte brachten
Mohamed F. ins Krankenhaus.
Während Tobias G. die Aussage verweigert, hat die Schülerin den Überfall
detailliert gestanden. Laut Staatsanwaltschaft bestreite sie jedoch einen
fremdenfeindlichen Hintergrund. Ob das Paar die einzigen Beschuldigen in dem
Fall bleiben, ist ohnehin noch nicht geklärt. “Wir schließen nicht aus, dass
es weitere Beteiligte gibt”, betonte Staatsanwältin Dalicho. Die
Ermittlungen dauern an. Dem Paar drohen bei einer Verurteilung nach dem
Jugendstrafrecht bis zu zehn Jahre Haft.
Mohamed F. besucht in Cöthen eine Förderschule. Der 15-Jährige lebt mit
seiner aus dem Libanon stammenden Familie seit vielen Jahren in Wriezen.
Anfeindungen hat sich der Schüler dort schon oft erwehren müssen.