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Justiz stellt sich in V‑Mann-Affäre gegen Schönbohm

POTSDAM. Bran­den­burgs Richter und Staat­san­wälte sind zunehmend irri­tiert über die Rolle von Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) in der V‑Mann-Affäre. Neben dem bran­den­bur­gis­chen Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg haben nun auch der Bund der Richter und Staat­san­wälte sowie die Neue Richter­vere­ini­gung “schwere rechtliche Bedenken” gel­tend gemacht.
Ihr Vor­wurf: Der bran­den­bur­gis­che Ver­fas­sungss­chutz soll den Ver­trieb von recht­sex­trem­istis­ch­er Hass-Musik durch den V‑Mann Toni S. befördert haben. “Es muss geprüft wer­den, inwieweit der Ver­fas­sungss­chutz dabei eine aktive Rolle gespielt hat”, sagte Wolf Kahl, Lan­deschef des Bun­des der Richter und Staat­san­wälte, am Mon­tag der “Berlin­er Zeitung”. Auch der Pots­damer Ver­wal­tungsrichter Wil­fried Hamm, Lan­deschef der Neuen Richter­vere­ini­gung, sieht Schön­bohm in Erk­lärungsnot: “Es darf nicht sein, dass der Ver­fas­sungss­chutz seine V‑Leute im rechts­freien Raum agieren lässt”, sagte Hamm am Mon­tag. Viel­er­lei Indizien sprechen inzwis­chen dafür, dass der V‑Mann Toni S. vom Ver­fas­sungss­chutz mehrfach Hil­fe beim Vetrieb der Hass-Musik erhal­ten hat. Schön­bohm selb­st hat­te bei ein­er Sitzung der Par­la­men­tarischen Kon­trol­lkom­mis­sion (PKK) in der ver­gan­genen Woche eingeräumt, dass der Ver­fas­sungss­chutz den 27-jähri­gen V‑Mann mit zwei Com­put­ern aus­ges­tat­tet habe. Hier­auf wur­den dann die Tex­thefte zur CD der Band “Landser” erstellt.
V‑Mann Toni S., der in Guben einen ein­schlägig bekan­nten Laden betrieb, war am 20. Juli bei einem Szen­e­tr­e­f­fen in Berlin festgenom­men wor­den. In der Folge ent­tarnte er sich als Spitzel des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes. Die Berlin­er Staat­san­waltschaft ermit­telt gegen ihn nun wegen Volksver­het­zung und Pro­pa­gan­dade­lik­ten, gegen den ver­beamteten V‑Mann-Führer Man­fred M. wird wegen Strafvere­it­elung ermit­telt. Schön­bohm hält die Fes­t­nahme des V‑Mannes nach wie vor für “vorzeit­ig und unnötig”, da so ein größer­er Schlag gegen die Ver­trieb­sstruk­turen recht­sex­tremer Musik ver­hin­dert wor­den sei. Diese Szene könne man nicht mit “braven V‑Leuten” auskund­schaften, so Schön­bohm. Er räumte aber gegenüber der PKK ein, dass der Ver­fas­sungss­chutz seinen Spitzel Toni S. nicht unter Kon­trolle gehabt habe. 

Was wusste der Minister? 

Anders als Schön­bohm hält der bran­den­bur­gis­che Gen­er­al­staat­san­walt Raut­en­berg die Ermit­tlun­gen der Berlin­er Staat­san­waltschaft gegen Toni S. für gerecht­fer­tigt. “Die Gren­zen müssten viel enger gezo­gen wer­den”, sagte Raut­en­berg am Mon­tag der “Berlin­er Zeitung”. Der märkische Ver­fas­sungss­chutz habe die Straftat­en des Toni S. offen­bar aktiv unter­stützt. Es könne aber nicht ange­hen, dass der Ver­fas­sungss­chutz einem V‑Mann den Vetrieb recht­sex­tremer Hass-Musik erlaube, sagte Raut­en­berg, der bere­its in einem Schreiben an den Gen­er­al­bun­de­san­walt auf diese Prob­lematik aufmerk­sam gemacht hat.
Sauer auf Schön­bohm sind nach wie vor die Berlin­er. “Es kön­nte sich her­ausstellen, dass der V‑Mann-Führer nicht alleine gehan­delt hat”, sagte Klaus-Uwe Ben­neter, Recht­sex­perte der Berlin­er SPD-Frak­tion. “Die Frage ist dann: Was wusste Schönbohm?”
Am Don­ner­stag tagt die PKK in Pots­dam erneut. Die PDS-Innen­poli­tik­erin Ker­stin Kaiser-Nicht, einzige Oppo­si­tionsvertreterin in der PKK, forderte am Mon­tag erneut Aktenein­sicht. Die drei anderen PKK-Mit­glieder, die den Regierungs­frak­tio­nen von SPD und CDU ange­hören, hat­ten ein­er umfassenden Aktenein­sicht bish­er nicht zuges­timmt. Kaiser-Nicht: “Die PKK hat eine Kon­troll­funk­tion und nicht die Funk­tion, die Regierung zu stabilisieren.”
PKK-Vor­sitzen­der Christoph Schulze (SPD) räumte am Mon­tag ein, dass Bund und Län­der einen “Kat­a­log entwick­eln” müssten, in dem festzuschreiben sei, wie weit V‑Männer strafrechtlich gehen dürften. Dieser Kat­a­log müsste geheim bleiben, da V‑Leute in der Szene son­st rel­a­tiv ein­fach ent­tarnt wer­den kön­nten. Schulze sagte auch, dass Schön­bohm nicht die ganzen Umstände, unter denen der V‑Mann ange­wor­ben wurde, dargelegt habe.

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