Kampf um Türsteherszene eskaliert
Eisenhüttenstadt (MOZ) Der brutale Überfall auf die Diskothek am Trockendock Freitag vergangener Woche ist aufgeklärt. Gegen 17 Beteiligte wird nach Aussagen der Polizei ermittelt, sechs Haftbefehle sind bereits vollstreckt. Haupttäter und Anstifter soll der 19-jährige Veit A. aus Eisenhüttenstadt sein, der trotz mehrfachen Vorstrafen eine Karriere bei der Bundeswehr vor sich hatte. Er hat ein volles Geständnis abgelegt. Das Motiv ist nach derzeitigem Kenntnisstand ein Rache-Akt.
Wolfgang Schumann ist mit seinen Ermittlern zufrieden. Der 1. Kriminalhauptkommissar, zugleich Leiter der Eisenhüttenstädter Polizeiwache, konnte bereits weniger als 48 Stunden nach dem brutalen Überfall von 15 bis 20 Maskierten auf “Flocki‘s Mega-Diskothek” im Trockendock erste Namen von Verdächtigen notieren. Der Kreis der Tatverdächtigen, die am Freitag vergangener Woche gegen 22.30 Uhr in die Disko einmarschierten, auf die beiden Türsteher und den DJ einprügelten, wurde schnell größer. Inzwischen ist er auf 17 junge Leute im Alter von 19 bis 27 Jahren angewachsen, gegen sechs von ihnen sind bereits Haftbefehle durch das Eisenhüttenstädter Amtsgericht erlassen.
Bezeichnenderweise handelt es sich beim Anstifter und mutmaßlichen Haupttäter um den Jüngsten aus der Gruppe: Veit A. ist 19 Jahre alt und Berufssoldat in Kassel — gewesen. Vorbestraft ist er bereits zwei Mal wegen gefährlicher Körperverletzung und zwei weitere Male wegen Sachbeschädigung, was einer Karriere bei der Bundeswehr scheinbar nicht im Wege stand. Veit A. gehört wie die anderen Tatverdächtigen auch zu einer Gruppierung, die sich selbst “Haed Core” nennt. Auf etwa 50 Personen schätzt Schumann diese Truppe, die der Polizei nicht ganz unbekannt ist, weil sie schon im “Beat-Club”, der ehemaligen Gaststätte “Oderwerft”, in der Gubener Straße und in der benachbarten Tankstelle für Unruhe gesorgt hat. Auch bei Landesklasse-Spielen des SV Vogelsang. Darunter etliche Heranwachsende mit mehrfachen Vorstrafen sowie einige mit deutlich rechter Orientierung.
Beim Überfall auf das Trockendock jedoch nennt die Polizei einen Racheakt als Auslöser. Veit A. war bereits zwei Tage vor dem Überfall im Trockendock aufgetaucht, um mit dem Betreiber der Diskothek darüber zu verhandeln, ob die “Haed Core”-Leute nicht fortan den Türsteherposten übernehmen könnten. Im “Beat Club” bekam die Truppe angeblich keinen Fuß in die Türsteherszene und versuchte es nun im Trockendock, wo Türsteher aus Frankfurt den Einlass regelten. Die Verhandlung endete damit, dass Veit A. vor die Tür gesetzt wurde. Er schwor Rache, und nach Ansicht der Polizei hatte dieser Racheschwur bis zum Freitag in der jugendlichen Szene Eisenhüttenstadts seine Runde gemacht, denn nur so erklären sich Polizei und Diskobetreiber Falk Angrick gleichermaßen, dass ausgerechnet an jenem Freitag so gut wie keine Gäste in der Diskothek waren.
Der harte Kern der “Haed Core”-Truppe feierte — wie auch schon Tage zuvor — am Freitagabend an den Kiesgruben bei Vogelsang. Aus der Partylaune heraus, so sagt es Wolfgang Schumann, könnte die Entscheidung gefallen sein, dass der Zeitpunkt der Abrechnung gekommen ist. Die Tatverdächtigen fuhren in Bomberjacken und teilweise mit Springerstiefeln mit mehreren Autos vor, zogen sich Mützen und Kapuzen ins Gesicht und prügelten drauf los. Einer der Türsteher liegt nach wie vor mit schweren Verletzungen im Frankfurter Krankenhaus. Den entstandenen Schaden beziffert die Polizei mittlerweile doch höher als zunächst angenommen. “Mehrere tausend Euro können es schon sein”, sagt Schumann.
Bei all dem ist Schumann froh, diese Gruppierung mit den Festnahmen zeitig zerschlagen zu haben. “Wir haben die Sicherheit voll im Griff und arbeiten auch gut mit der Staatsanwaltschaft zusammen”, betont Schumann. Allerdings wünscht sich der Wachenleiter der Polizei ein stärkeres Engagement von Jugendamt und Gewerbeaufsicht in Jugendeinrichtungen und Diskotheken. Die Betreiber, so Schumann, müssten spüren, dass es Kontrollen gibt.
Durch die Auswertung aller Zeugenaussagen und Details von Beschuldigten führt nun die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) gegen 17 Beteiligte Strafverfahren wegen schweren Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Einige von ihnen sitzen bereits in Haft wegen Flucht- oder Verdunkelungsgefahr.