Ein Gespräch mit Barbara Lange:
Barbara Lange ist Sprecherin der Aktionsgemeinschaft Freier Himmel e. V., die seit 2002 die Proteste in Mecklenburg-Vorpommern gegen eine militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heide organisiert
Am Wochenende wurden Pläne publik, wonach die Bundeswehr das Bombodrom bei Wittstock im Norden Brandenburgs künftig nicht nur als Bombenabwurfplatz, sondern auch als Übungsgelände für Bodentruppen nutzen will. Ihnen liegt das Planungspapier der Hardthöhe vor. Was steht drin?
Besonders alarmierend ist die Feststellung, daß die Existenz des Bundeswehrstandorts Sanitz/Bad Sülze in Nordpommern wesentlich bestimmt sei durch die Übungsmöglichkeiten auf dem Bombodrom. Genauso erschütternd ist für uns die Bezugnahme auf den Standort Laage, wo man bekanntlich 36 Eurofighter stationieren will. Auch die sollen angeblich nur effizient üben können, wenn ihnen das Bombodrom zur Verfügung steht.
War es nicht absehbar, daß umliegende Standorte ins Nutzungskonzept des Bombodroms einbezogen werden sollen?
Nicht alles ist neu an dem Planungspapier, auch das Vorhaben, bis zu 1000 Mann starke Bodentruppen trainieren zu lassen, hatte sich bereits herumgesprochen. Daß die Existenz anderer Standorte aber von der Inbetriebnahme des Bombodroms abhängen würde, davon war niemals die Rede. Das ist eine massive Drohung in Richtung Landesregierung, ihren Protest gegen die militärische Nutzung aufzugeben. Wenn nicht, so die Botschaft, könnte nämlich auch die Nutzung Laages als ziviler Flughafen ein Ende haben, und das Land wäre um einen Wirtschaftsfaktor und etliche Arbeitsplätze ärmer. Daß es soweit kommt, glaube ich nicht. Ich habe eher den Verdacht, daß das Junktim zwischen Wittstock, Laage und Bad Sülze nur konstruiert ist, um den Druck auf die Landespolitik zu erhöhen.
Künftig soll Wittstock sogar zum zentralen Übungsplatz der NATO in West€pa ausgebaut werden. Beugt sich die Bundesregierung damit ihrerseits internationalem Druck?
Auch wenn dem so sein sollte, darf das die Protestbewegung nicht beeindrucken. Im Gegenteil: Daß Wittstock nun offenbar mit aller Macht und gegen den Protest der Landesparlamente und ‑regierungen der drei Anliegerländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern durchgesetzt werden soll, ist eine Kampfansage an alle Gegner. Wittstock wird dargestellt als das einzigartige und ideale Gelände, auf dem, so wörtlich, »uneingeschränkt« bei Tag und bei Nacht geübt werden kann. Es würde also nicht nur die geplanten 1700 Lufteinsätze jährlich geben, dazu würde auch noch am Boden kräftig gefightet. Das ist ein Horrorszenario.
Aber warum das Ganze? Schließlich schöpft die Bundeswehr ihre Übungskapazitäten im Ausland nur zu einem Viertel aus.
Über solche Fakten schweigen sich die Verantwortlichen aus. So auch darüber, daß die deutsche Luftwaffe ihren Übungsbetrieb in Goose Bay in Kanada vor drei Jahren nicht wegen Geldmangels eingestellt hat, sondern weil die dort geübten Einsatzszenarien nicht mehr zeitgemäß waren. Um Sinn oder Unsinn geht es aber nicht. Es gibt einfach den unbedingten Willen der Bundeswehr und des Verteidigungsministeriums, Wittstock zum zentralen Übungsplatz für nationale und internationale Truppen auszubauen.
Das Bundesverteidigungsministerium hat das umgehend dementiert. Was halten Sie davon?
Getretene Hunde jaulen auf. Das Ministerium hat allerdings lediglich eine erweiterte Nutzung bestritten, nicht aber, das Gelände zum nationalen und internationalen Übungsplatz machen zu wollen. Ebenso wenig wurde der Darstellung widersprochen, daß Laage und andere Standorte mit Wittstock stehen und fallen. Das angebliche Dementi ist mit größter Vorsicht zu genießen.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wird Mitte 2009 über die Nutzung des Geländes entscheiden. Baut der Verteidigungsminister schon für ein günstiges Urteil vor?
Im Gegenteil: Er hat Angst vor der absehbaren Niederlage. Deshalb liefert er jetzt reihenweise neue Begründungen nach, die er bei früheren Verhandlungen schuldig geblieben war. Dabei wurde uns sogar seitens des Ministeriums wiederholt bestätigt, daß es ohne Wittstock kein Sicherheitsrisiko für Deutschland gibt. Daran hat sich nichts geändert.