Schwedt (GMD) Hitler-Büsten, verbotene rechtsextreme CD und Waffen — all das wurde neulich bei Wohnungsdurchsuchungen in Strausberg sowie Berlin gefunden. Und Schwedt machte vor nicht allzu langer Zeit durch Nazi-Schmierereien im Stadtteil Am Waldrand von sich Reden. All das sind Beweise dafür, dass nationalsozialistische und fremdenfeindliche Gedanken noch in vielen Köpfen schlummern.
Um darauf aufmerksam zu machen und Aufklärung zu betreiben, gibt es in Schwedt ein Bündnis gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt. Nach einigen erfolglosen Versuchen wurde die 20-köpfige Gruppe Ende des vergangenen Jahres gegründet und trifft sich in unregelmäßigen Abständen im Evangelischen Gemeindezentrum. Dort finden Gespräche mit Experten von Polizei und Verfassungsschutz über aktuelle Entwicklungen statt, dort werden Antworten gesucht: Warum dürfen Rechtsextreme immer noch aufmarschieren? Wie sollte das Bündnis darauf reagieren? Wie kann es bereits vorweg, also präventiv agieren?
“Ich bin ein wenig enttäuscht darüber, dass dieses Mal keine Abgeordneten der Stadt dabei waren”, erklärte Hans-Rainer Harney, ehemaliger Pfarrer und Mitbegründer des Bündnisses, auf der bisher letzten Diskussionsrunde kurz nach Bekanntwerden der Nazi-Schmierereien im Stadtteil Am Waldrand. Vertreter aus Wirtschaft und Kulturszene, die anfänglich regelmäßig dabei gewesen seien, wurden ebenso vermisst. “So ein Bündnis hat doch eine gesamtgesellschaftliche Relevanz und sollte nicht nur aus Privatpersonen bestehen”, mahnt Hans-Rainer Harney an. Mit diesem Ansatz sei die Gruppe unter großer Zustimmung in der Stadtverwaltung auch gegründet worden.
“Örtliche Zusammenschlüsse wie diese sind sehr wichtig”, findet Angelika Thiel-Vigh, die Leiterin der Koordinierungsstelle “Tolerantes Brandenburg” in Potsdam. Sie seien auf den Ort zugeschnitten, könnten besser auf die lokale Situation eingehen und mit dortigen Einrichtungen wie Schulen oder aber Polizei und Politikern zusammenarbeiten. Wie viele aktive Bündnisse es landesweit gibt, könne man nicht sagen. Dazu seien die Organisationsstrukturen einfach zu verschieden. “Aber es sind jede Menge”, glaubt Angelika Thiel-Vigh und betont, dass all diese Gruppierungen vom Land Fördermittel für konkrete Projekte im Kampf gegen Rechtsextremismus beantragen können. 220 000 Euro seien im laufenden Jahr dafür vorgesehen.
“Die Leute müssen merken, dass Rechtsextremismus hier nicht geduldet wird”, erklärt Andreas Sult vom Deutschen Gewerkschaftsbund sein Engagement in der Gruppierung. Aktionen wie die Nazi-Schmierereien jugendlicher Täter haben den Mitgliedern des Bündnisses zudem gezeigt, wo sie in Zukunft verstärkt ansetzen müssen: in der Schule. Ja, im Kindergarten sogar, wie die Expertin von “Tolerantes Brandenburg” betont — auch wenn es laut Polizeidirektor Hans-Jürgen Klinder momentan in Schwedt eher ruhig sei. So soll zwar der vor allem in Barnim und Märkisch Oderland angesiedelte “Märkische Heimatschutz” eine Sektion in der Oderstadt und in Angermünde haben, aber darüber hinaus seien ihm keine strukturierten Cliquen oder Kameradschaften bekannt. Was nicht heißt, dass das Problem nicht existiert. Zwar haben rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten in der Uckermark abgenommen, aber dafür ist nach Auskunft der Polizei ein Zuwachs an Propagandadelikten mit rechtsextremistischem Hintergrund zu verzeichnen.Es ist noch nicht so lange her, da war in der Oderstadt eine rechtsextremistische Jugendclique namens “Nationale Schwedter Rebellen” (NSR) aktiv. Laut aktuellem Verfassungsschutzbericht vom Land Brandenburg fielen die 17 Personen im Alter zwischen 17 und 24, die von einem 45-jährigen Mann geleitet wurden, erstmalig im Jahr 2003 auf. Sie spielten rechtsextremistische Musik, beschmierten Brückenpfeiler und Glascontainer mit Nazi-Symbolen und haben im Oktober 2004 versucht, den Schwedter Jugendclub Exit in Brand zu setzen. Auf Grund polizeilicher Maßnahmen tritt die Gruppe heute nicht mehr in Erscheinung, heißt es im Verfassungsschutzbericht.