Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm hat verärgert auf die Äußerungen von Berlins Innensenator Erhard Körting reagiert. Diese seien “inakzeptabel”, schimpfte der CDU-Politiker. Es sei ein bisher ein einmaliger Fall, dass ein Innenminister Aussagen zu den V‑Leuten anderer Länder treffe, erklärte Schönbohm nach Angaben seiner Sprecherin. Brandenburg halte den Einsatz von V‑Leuten bei der NPD weiter für sinnvoll und werde auch künftig nicht darauf verzichten. Auch Baden-Württemberg will seine V‑Leute nicht abschalten.
Nun hat Körting allerdings gar keine Aussagen über Brandenburg und Baden-Württemberg getätigt, sondern von anderen Ländern gesprochen, in denen SPD-Innenminister am Ruder sind: Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Deren Innenminister wollten sich bislang allerdings tatsächlich nicht eindeutig dazu äußern, ob sie die V‑Mann-Praxis in den Spitzen der NPD-Landesverbände eingestellt haben. Dieser Schluss lag zwar nah, konnte aber bislang nicht belegt werden.
Uneinheitliche Linie in der Union
Dennoch ist es bemerkenswert, dass Schönbohm nun so aufschreit, denn eigentlich wäre es an den SPD-Ministern gelegen, sich über Körtings Offenheit zu mokieren. Möglicherweise befürchtet Schönbohm allerdings eine Debatte über die Sinnhaftigkeit der Kooperation von Verfassungsschutz mit führenden NPD-Kadern, die für Geld Informationen verkaufen. Denn zuletzt hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer diese Praxis kritisiert.
Seehofer hatte bei einem Kamingespräch in Wildbad Kreuth das Ende der V‑Mann-Praxis in der NPD und deren Umfeld erwogen und in diesem Zusammenhang auch sein bayerisches Innenministerium kritisiert, wie eine Teilnehmerin auf Anfrage bestätigte. Das Ministerium habe Seehofer bisher keinen Fall belegen können, wo Erkenntnisse aus und über die NPD nur aufgrund von V‑Leuten hätten gewonnen werden können. Er schließe daraus, dass V‑Leute, die in der NPD mitwirkten und ein neuerliches Verbotsverfahren dadurch verhinderten, folglich nicht wirklich notwendig seien.
Druck auf Unionspolitiker wächst
Diese Linie vertreten auch Körting und weitere SPD-Minister. Sie weisen darauf hin, dass es auch andere nachrichtendienstliche Mittel gebe, mit denen die NPD überwacht werden könnte. Weiterhin verbiete sich für einen Rechtsstaat die Zusammenarbeit mit Neonazis, betont Körting immer wieder. Auch Experten zweifeln an dem Wert der Informationen, die der Verfassungsschutz von NPD-Funktionären kauft und die faktisch das Verbot dieser teilweise nationalsozialistisch ausgerichteten Partei verhindern.
Die Linie der Union ist höchst uneinheitlich. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Caffier (CDU) gilt schon lange als Verfechter eines neuen Verbotsverfahrens gegen die NPD. Andere CDU- und CSU-Politiker lehnen dies ab, da es zu gefährlich wäre, auf die V‑Leute zu verzichten. Die NPD schützt sich nach dieser Logik durch ihre Radikalität gegen ein Verbot. Doch wenn in den SPD-Ländern eine Überwachung der NPD ohne V‑Leute in der Parteispitze möglich ist — warum dann nicht auch in den Unionsländern?