Einen Tag nach ihrer Festnahme sind am Freitag zwei Tatverdächtige des rassistischen Übergriffs von Potsdam dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt worden. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft bestritten sie in den Vernehmungen bislang allerdings jede Tatbeteiligung. Die 29 und 30 Jahre alten Männer, denen versuchter Mord vorgeworfen wird, waren am Donnerstag abend in Potsdam festgenommen worden. Sie sollen am Ostersonntag den aus Äthiopien stammenden Ermyas M. angegriffen und fast getötet haben.
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm kann sich unterdessen nicht damit abfinden, daß sich Generalbundesanwalt Kay Nehm überhaupt eingeschaltet hat. Schon die Äußerung der Bundesanwaltschaft, daß es »erhebliche Verdachtsmomente gibt, daß die Täter aus Ausländerhaß und auf Grundlage rechtsextremistischer Gesinnung handelten«, geht dem Minister zu weit. Es müsse sich erst noch herausstellen, ob es den Zusammenhang zwischen einer Gewaltstraftat und einer fremdenfeindlichen Straftat wirklich gebe, meinte Schönbohm am Freitag in Potsdam. Es sei erstaunlich, daß geurteilt werde, bevor der Sachverhalt aufgeklärt sei. Ähnliche Straftaten könnten schließlich in allen Städten der Welt passieren. Die beiden Festgenommenen seien keine Mitglieder bekannter Neonaziorganisationen, und in Potsdam gebe es auch »keine festgefügte rechtsextremistische Szene«, fuhr er fort. Bei soviel Schönfärberei wider besseren Wissens ist es erstaunlich, daß niemand den Rücktritt des Ministers fordert.
Doch der geht noch weiter. Es gebe keinen Grund, Ausländer vor bestimmten Regionen in Brandenburg zu warnen, so Schönbohm. Wie überall gebe es aber Bereiche, »wo man spät abends oder nachts besser nicht hingeht, weil man unabhängig von der Hautfarbe Opfer einer Straftat werden kann«, so der Minister. Demnach scheint Ermyas M., der noch immer im Koma liegt, selbst schuld zu sein, weil er nach Einbruch der Dunkelheit noch auf der Straße war. Zur falschen Zeit am falschen Ort waren dann wohl auch der 39jährige Sozialarbeiter aus Moçambique und sein 14jähriger Sohn. Sie wurden am Donnerstag abend in Magdeburg von einer Gruppe Jugendlicher mit ausländerfeindlichen Parolen beschimpft, dem Vater wurde mehrfach ins Gesicht geschlagen.