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Keiner reibt sich am Chef

(VOLKMAR KRAUSE; MAZ) POTSDAM Nur ein­mal geri­et Jörg Schön­bohm außer sich. Es sei eine “Schweinerei”, ihm vorzuw­er­fen, er habe gegen den Parteifre­und und Wirtschaftsmin­is­ter Ulrich Jung­hanns gehan­delt, als er ver­gan­gene Woche auf sein­er USA-Reise Wirtschaft­skon­tak­te knüpfte. Jed­er, der einen Beitrag leis­ten könne, die Arbeit­slosigkeit zu senken, müsse das tun, rief der CDU-Lan­deschef gestern in den gut gefüll­ten Tagungssaal und stichelte in Rich­tung SPD, dass von der Arbeitsmin­is­terin da wenig zu hören sei. 

Zehn Tage vor dem Wahlparteitag in Schwedt sollte das Bild der Union keine Kratzer bekom­men. So war die gestrige CDU-Wirtschaft­skon­ferenz, auf der sich neben Wis­senschaftsmin­is­terin Johan­na Wan­ka und dem Europa­poli­tik­er Chris­t­ian Ehler auch Jung­hanns redlich mühte, die neue Förder­poli­tik “ent­lang der Branchen­zen­tren” darzustellen, vor allem als Image bildende Maß­nahme gedacht. 

In Schwedt wird Schön­bohm aller Voraus­sicht nach als CDU-Lan­deschef im Amt bestätigt wer­den. Einen Gegenkan­di­dat­en gibt es nicht. Und Schön­bohm denkt bere­its weit­er. Er könne sich vorstellen, die CDU auch ab 2007 noch ein­mal für zwei Jahre zu führen, kündigte er jüngst an. 

In den eige­nen Rei­hen wird die Leben­s­pla­nung des mit­tler­weile 67-Jähri­gen kla­g­los hin­genom­men, gibt es doch keine Alter­na­tive zu ihm. Zunächst schien es so, als hätte ihn der Absturz bei der Land­tagswahl im Sep­tem­ber 2004 — die CDU wurde mit 19,4 Prozent nur noch drittstärk­ste Partei — aus der Bahn gewor­fen. Aber Min­is­ter­präsi­dent Matthias Platzeck (SPD) wählte erneut die nun zah­mere Union als Koali­tion­spart­ner. Der CDU-Chef — in der ver­gan­genen Wahlpe­ri­ode für ein Schar­mützel mit der SPD leicht zu haben — zeigt sich jet­zt als Wächter des Koali­tions­friedens. “Wir sind zum Erfolg verurteilt”, sagt er gele­gentlich und weiß, dass das als Dro­hung und als Ziel ver­standen wer­den kann. 

Die Ergeb­nisse der rot-schwarzen Koali­tion nach sieben Monat­en Regierungszeit fall­en mäßig aus. Selb­st um den Lan­deshaushalt — son­st als Werk tak­tis­ch­er Finessen bejubelt — ist es still geblieben. Der Grund: Eine Gruppe junger Wilder aus der CDU-Land­tags­frak­tion mit Frak­tion­schef Thomas Lunacek an der Spitze hat­te gehofft, aus dem Dop­pel­haushalt 2005/2006 zusät­zliche 30 Mil­lio­nen Euro her­auskürzen zu kön­nen. Das scheit­erte jedoch an der SPD. Der Etat wird näch­ste Woche den Land­tag passieren, kleinere Kor­rek­turen inklusive. 

Während Schön­bohm im Kabi­nett den Fried­fer­ti­gen mimt, flammt in der Frak­tion immer mal wieder Ärg­er über den Koali­tion­skurs auf. Aktuelles Beispiel: Die CDU ver­langt einen par­la­men­tarischen Son­der­auss­chuss zum Bürokratieab­bau. Die SPD glaubt nicht an den Nutzen des Gremi­ums. Ein gemein­samer Antrag für die Ein­set­zung des Auss­chuss­es liegt seit Wochen auf Eis. 

Frak­tion­schef Lunacek hat trotz gele­gentlich­er Aus­brüche von Unzufrieden­heit den Segen seines Chefs. Schön­bohm schätzt den 40-Jähri­gen, der sich bere­its als CDU-Gen­er­alsekretär als rast­los­er Partei­funk­tionär bewährt hat. Auf dem Parteitag am 21. Mai kan­di­diert er als stel­lvertre­tender Parteivorsitzender. 

Das Prinzip der Vize-CDU-Chefs ist denkbar ein­fach: Vier Him­mel­srich­tun­gen, vier Stel­lvertreter. Lunacek aus dem Kreis Barn­im soll den Nor­den des Lan­des vertreten. Für den Osten kan­di­diert Wirtschaftsmin­is­ter Jung­hanns (Frankfurt/Oder). Obwohl der 48-Jährige schon ein­mal — unge­wollt — in die Kro­n­prinzen­rolle ger­at­en war, ist er nun wohl auf den Stel­lvertreter fest­gelegt. Ihm fehlt vor allem die fürs Amt des Parte­ichefs nötige Integrationskraft. 

Diese bringt auch Bar­bara Rich­stein nicht mit. Es gilt aber als sich­er, dass die 39-jährige Falkenseerin als CDU-Vizechefin für den West­en des Lan­des ein gutes Wahlergeb­nis erhält. Rich­stein war von Schön­bohm in ein­er Nacht-und-Nebel-Aktion als Jus­tizmin­is­terin abgelöst wor­den. Das hat­te auch in der Partei zu Kri­tik an der Per­son­alpoli­tik des anson­sten unange­focht­e­nen CDU-Front­manns geführt. Die bish­erige Stel­lvertreterin und Bun­destagsab­ge­ord­nete Andrea Voßhoff — eben­falls Havel­land — wird nicht wieder kan­di­dieren. Gän­zlich neu im poten­ziellen Stel­lvertreterkreis ist der Cot­tbuser Arzt Michael Schier­ack. Der CDU-Chef der Lausitzs­tadt (39) soll den Lan­dessü­den abdeck­en. Allerd­ings hat jet­zt auch noch der Bürg­er­meis­ter von Herzberg (Elbe-Elster), Michael Oeck­nigk, für dieses Gebi­et seinen Hut in den Ring gewor­fen. Dass der einzige CDU-Lan­drat, Hans Lange (Prig­nitz), als sech­ster Vize-Kan­di­dat ins Ren­nen geht, war gemut­maßt wor­den, ist aber offen. “Er liebäugelt damit, hat aber keine Chance”, heißt es. 

CDU-Schatzmeis­ter Dierk Home­y­er tritt nicht wieder für dieses Amt an. Das Tis­chtuch zwis­chen Schön­bohm und dem Kreisvor­sitzen­den von Märkisch-Oder­land ist zer­schnit­ten. Home­y­er hat­te sich im Vor­jahr Hoff­nun­gen auf einen Min­is­ter­job gemacht, war aber von Schön­bohm in die Schranken gewiesen worden.

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