Keineswegs ein Kavaliersdelikt
(NORBERT STEIN; MAZ) PREMNITZ Ob an Bushaltestellen, Häuserfassaden, technischen Einrichtungen oder Bahnhöfen. Graffitischmierereien gehören heute — leider — zum Stadtbild von Premnitz und seinen Ortsteilen.
Mitarbeiter der Arbeitsförderungsgesellschaft Premnitz (AFP) waren in den letzten Tagen mit dem Fotoapparat unterwegs und hielten über 100 solcher Graffitischmierereien im Bild fest. Auf einer Großleinwand wurden diese Bilder am Donnerstagabend im Premnitzer Jugendclub gezeigt. Die AFP und der Premnitzer Jugendclub hatten gemeinsam zu einer Diskussionsrunde unter dem Motto “Graffiti — Straftat oder Kavaliersdelikt?” eingeladen. Etwa 15 Jugendliche kamen dazu lebhaft mit Lutz Bräsell, Präventionsberater der Polizei im Schutzbereich Havelland, ins Gespräch.
Idee entstand in Rathenow
Die Idee zu dem Projekt und der Diskussionsrunde sei bei einer Beratung des Rathenower Stadtteilbeirates entstanden, sagte Matthias Hohmann, der Geschäftsführer der AFP zur Eröffnung des Abends. Im Stadtteilbeirat wurde auch über die Graffitischmierereien am Rathenower Bismarckturm diskutiert. “Dabei habe ich anschaulich das Unverständnis und die Empörung der Einwohner zu solchen Taten gespürt”, sagte Hohmann am Donnerstag.
Ordentlich ausgeführt kann Graffiti Kunst sein. “Aber bei den Fotos, die in Premnitz von Graffitis gemacht wurden habe ich keinerlei Kunst entdeckt”, meinte Lutz Bräsell zu Beginn der Diskussion. Für ihn ist Graffiti-Geschmiere “ein Ausdruck von Gewalt”. Häuser, Wände oder Objekte zu besprühen sei “eine klare Sachbeschädigung und kein Kavaliersdelikt, sofern es sich nicht um persönliches Eigentum handelt”, sagte der Präventionsberater.
Für die Kosten der Beseitigung von Graffiti können Eigentümer, wie auch bei anderen Sachbeschädigungen, Schadensersatz vom Verursacher verlangen. Dieser zivilrechtliche Anspruch auf Schadensersatz bleibt bis zu 30 Jahre bestehen. Schon die Beseitigung kleiner Schmierereien an Hauswänden kostet oft einige tausend Euro.
Außerdem könne Sachbeschädigung strafrechtlich verfolgt werden: die Gerichte verhängen dann Geld- und Freiheitsstrafen. Letztere können laut Strafgesetzbuch bis zwei Jahre dauern. Eine wirkungsvolle Buße für die Täter ist nach Ansicht von Präventionsberater Bräsell gemeinnützige Arbeit oder die Auflage, die beschmierten Objekte wieder zu reinigen.
Die Diskussion mit den Jugendlichen machte deutlich, dass einige den Unterschied zwischen Straftat und Kavaliersdelikt noch nicht in vollem Umfang erkennen. Ebenso sind sich Jugendliche, falls sie beim illegalen Sprayen erwischt werden, oft über die Konsequenzen nicht im Klaren.
Abend war nicht umsonst
Der Abend im Jugendzentrum war aber keineswegs umsonst. Im Frühjahr will die AFP im Rahmen ihres Projektes einige besprühte Häuschen an Bushaltesstellen säubern. Einige Jugendliche erklärten sich am Donnerstagabend bereit, dabei zu helfen.