SCHWANTE/POTSDAM Das so genannte Kirchenasyl soll in Brandenburg offenbar grundsätzlich nicht mehr respektiert werden. Nach einer Sitzung der SPD-Fraktion erklärte der innenpolitische Sprecher, Werner-Siegwart Schippel, gestern gegenüber der MAZ, in einem vergleichbaren Fall wie in Schwante sei die Missachtung des Kirchenasyls “wieder zu befürworten”.
Schippel betonte: “Es gibt kein Recht der Kirche, Asyl zu gewähren. Sie kann sich gern um Bedürftige kümmern. Es gibt keinen Gesprächsbedarf mit der Kirche, wenn die Gesetzeslage eindeutig ist.” Im Auftrag von Oberhavel-Landrat Karl Heinz Schröter (SPD) war am Montag um 7.20 Uhr erstmals in Brandenburg ein Kirchenasyl missachtet worden. Polizisten hatten das Pfarrhaus in Schwante (Oberhavel) nach einem ausreisepflichtigen Vietnamesen und dessen fünfjährigen Sohn durchsucht — allerdings ergebnislos.
Der Streit um das Kirchenasyl spitzt sich zu. Der Ausländerausschuss des Kirchenkreises Oranienburg sprach gestern von einer “obrigkeitsstaatlichen Maßnahme” und einer “Verletzung der demokratischen Kultur”. Das brandenburgische Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit kritisierte die Durchsuchungsaktion ebenfalls.
Die PDS-Fraktion im Potsdamer Landtag wiederholte unterdessen ihre Forderung nach Einrichtung einer Härtefallkommission. Sie soll unter humanitären Aspekten auch dann ein Bleiberecht gewähren dürfen, wenn der Rechtsweg dies ausschließt.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch die SPD. Um Konfrontationen zwischen Kirche und Staat künftig zu vermeiden, sagte Schippel, habe die Fraktion ihn gebeten, Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) erneut die Gründung eines “Härtefallgremiums” ans Herz zu legen. Im Gegensatz zur PDS-Variante soll das Gremium Härtefälle im Vorfeld einer rechtsverbindlichen Gerichtsentscheidung lösen. Ähnliche SPD-Versuche sind am Innenministerium schon zweimal gescheitert.
Der gesuchte Vietnamese ist untergetaucht, weil er sich im Kirchenasyl unsicher wähnt.