(LR, Klaus Alschner) Was wird von der zurückliegenden Woche in Cottbus in Erinnerung bleiben? Vor
allem ein hässlicher brauner Schandfleck. Rechtsradikale verprügeln einen
16-Jährigen, zwingen ihn, sich niederzuknien und urinieren dann auf ihr
Opfer. Kein Zeuge greift ein — aus Angst.
Als die couragierte Mutter die Neonazis zur Rede stellt, sind sie so
unverschämt, sie zu bedrohen.
Auch wer die Nazi-Zeit nicht miterlebt hat, fühlt sich an Schilderungen
erinnert, wie SA-Schlägertrupps Angst und Schrecken verbreiteten und
Beobachter sich stumm abwandten. Vielleicht wären die neuen Cottbuser
Rechten auf diesen Vergleich sogar stolz.
Eine solche Atmosphäre der Einschüchterung darf sich der Rechtsstaat nicht
bieten lassen. Die Justiz sollte sich darauf besinnen, dass nicht nur die
Wiedereingliederung des Täters, sondern auch der Schutz der Öffentlichkeit
vor Verbrechen zu ihren Aufgaben gehört. Was sich in dieser Woche in Cottbus
zugetragen hat, war keine Bagatelle. Der Hinweis, die Täter seien eigentlich
unpolitisch und wollten mit ihrem rechten Gehabe nur provozieren, ist als
Entlastung untauglich.
Genau am Tag der menschenverachtenden Tat forderte der Präsident der BTU in
einem Vortrag vor dem Wirtschaftsausschuss ein «immigrationsfreundliches
Klima» in Cottbus. Denn angesichts der sinkenden Einwohnerzahl benötige die
BTU in der Zukunft gerade auch Ausländer, um die gewünschte Studentenzahl zu
erreichen. Gestern bezeichnete Professor Ernst Sigmund Rechtsradikalismus
als «eine Katastrophe» . Er wirke sich nach außen verheerender aus als in
den Mauern der Stadt, denn die BTU lebe vor allem von der
Mund-zu-Mund-Propaganda. Einem jungen Mann aus dem Senegal sei von der
Großfamilie abgeraten worden, in Cottbus zu studieren — aus Furcht vor
Ausländerfeindlichkeit und Übergriffen. Mit diesem Image kann und darf sich
Cottbus nicht abfinden.