(Berliner Zeitung, 18.2.) POTSDAM. Nach zehnjähriger Diskussion hat sich am Donnerstag in Potsdam die
Härtefallkommission für ausreisepflichtige Ausländer konstituiert. Die
Kommission soll prüfen, “ob dringende humanitäre oder persönliche Gründe
vorliegen, die einen weiteren Aufenthalt in Deutschland trotz bestehender
Ausreisepflicht ausnahmsweise rechtfertigen”, sagte Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU). Er hoffe, dass nun in strittigen Fällen ein Konsens
gefunden werde. Dafür spreche die Zusammensetzung der Kommission.
Der Kommission gehören acht stimmberechtigte Mitglieder an — Vertreter der
evangelischen und katholischen Kirche, der Liga der Wohlfahrtsverbände, des
Innen- und Sozialministeriums, der Flüchtlingsorganisationen und zweier
kommunaler Spitzenverbände. Die Ausländerbeauftragte hat kein Stimmrecht.
4 000 geduldete Flüchtlinge
Die seit zehn Jahren von Kirchen und Flüchtlingsverbänden geforderte
Kommission lehnte der Innenminister lange ab. Nun kann das Gremium in
umstrittenen Fällen den Minister ersuchen, aus humanitären Gründen von einer
Abschiebung abzusehen. In Brandenburg gibt es 4 000 geduldete Ausländer.
Flüchtlingsrat und Grüne begrüßten die Einrichtung der Kommission. Sie
kritisierten aber zugleich die “restriktiven Ausschlusskriterien”, die ein
“bundesweit einmaliges Bollwerk gegenüber möglichen Antragstellern”
darstellen. Auch könne sich die Kommission nur mit einem Fall beschäftigen,
wenn zwei Drittel der Mitglieder dies wünschen.
Auch die Ausländerbeauftragte Almuth Berger bemängelte, dass sie als
Beauftragte der Landesregierung kein Stimmrecht bekommt hat. “Aber ich
hoffe, es wird ein Gremium, das vielen helfen wird, und keine
Verhinderungskommission.” Wichtig sei, wie die Ausschlusskriterien
gehandhabt werden. So dürfe sich die Kommission nicht mit Härtefällen
beschäftigen, wenn bereits ein Abschiebetermin feststeht oder die Ausländer
zur Fahndung ausgeschrieben sind. “Es sollte aber Übergangsfristen geben für
Leute, die wegen einer drohenden Ausweisung den Schutz des Kirchenasyls
gesucht haben”, sagte Berger.
CDU-Generalsekretär Sven Petke warnte vor hohen Erwartungen. “Bereits
getroffene rechtsstaatliche Entscheidungen von Verwaltungen und Gerichten
können durch die Kommission nicht mehr aufgehoben werden.”
Ähnliche Kommissionen gibt es in Nordrhein-Westfalen,
Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Schleswig-Holstein, Hessen plant sie.