(ROBERT RUDOLF; MAZ) Seit fast drei Jahren lebt der Asylbewerber Wilfried Ngwa aus Kamerun in Potsdam. Er hat Freunde gefunden, ja. Im Asylbewerberheim im Lerchensteig. Landsleuten vor allem vertraut er sich an, wenn er Probleme hat. Deutsche, so sagt er, kenne er nicht. Die Kenntnisse der hiesigen Sprache sind vorhanden: “ein wenig, aber nicht besonders gut.” Ngwa lebt, wenn man so will, in einer kleinen Parallelwelt im Lerchensteig.
Der Ausländerbeirat unter dem Vorsitz von Yoham-Panton Ke′ngum möchte das ändern. Schritt für Schritt will er über Patenschaften deutsche und ausländische Potsdamer zusammenbringen. Den Anfang, so erklärte gestern Alba Gjorka, versuche man zunächst mit Patenschaften für Asylberwerber. Ab Mai sollen dann Kontakte mit der muslimischen Gemeinde, später mit zugezogenen Mitgliedern jüdischer Gemeinden geknüpft werden. Beiratsmitglied und Stadtverordneter Lutz Boede beschwor die neun anwesenden interessierten Asylbewerber aus Kenia und Kamerun: “Wir wollen hier niemanden miteinander verheiraten.”
Wie funktioniert der deutsche Alltag? Wie verhält man sich eigentlich gegenüber deutschen Behörden und ihren Antragsformularen? Antworten darauf und nicht zuletzt die bessere Beherrschung der deutschen Sprache erhofft sich der Beirat von seinem Projekt, das immerhin vier Jahre dauern soll. Serena Bahn, die an der Universität Potsdam auf dem Gebiet Biochemie forschte, berichtete von positiven Erfahrungen im Umgang mit indischen Studenten und Doktoranden. Sie habe während ihres Aufenthalts in den USA gemerkt, wie wichtig es ist, integriert zu werden. Entstandene Patenschaften will der Ausländerbeirat mit einem monatlichen Stammtisch begleiten. Das erste Treffen wird es voraussichtlich nach Ostern, Anfang April geben, kündigte Boede an. Zu den Stammtischen sollen verschiedene Gäste eingeladen werden, beispielsweise ein Rechtsanwalt.
Interessenten für Patenschaften können sich schriftlich beim Ausländerbeirat melden: Friedrich-Ebert-Straße 79 bis 81 in 14469 Potsdam oder telefonisch unter 0331/ 96 18 60. Englisch- oder Französischkenntnisse können hilfreich sein, sind aber keine Voraussetzung.
Wege aus der unfreiwilligen Isolation
Mit dem Konzept “Patenschaft für Integration” sollen Potsdamer und Ausländer einander näher kommen
(D.B.; PNN) Nedlitz — Erste Patenschaften zwischen Potsdamern und in der Stadt lebenden Ausländern wollen Mitglieder des Ausländerbeirates in den kommenden Monaten vermitteln. Gestern stellten der Vorsitzende Yoham-Panton Ke“ngum, die stellvertretende Vorsitzende Alba Gjoka und Beiratsmitglied Lutz Boede das Konzept afrikanischen Asylbewerbern im Asylbewerberheim Am Lerchensteig vor. Mit Hilfe eines einfachen Fragebogens sollen gemeinsame Interessen und Verständigungssprachen von interessierten Potsdamern und Ausländer ermittelt werden.
Das Konzept “Patenschaft für Integration” soll ein Näherkommen und Kennenlernen zwischen Potsdamern, ob Alleinstehende oder Familien, und Ausländern fördern, erklärte Lutz Boede. Dabei gehe es aber nicht allein um Asylbewerber. Auch der “in der Stadt lebende jüdische Kontingentflüchtling, der vielleicht einen Schachpartner sucht” oder andere sollen so die Möglichkeit haben, aus der oftmals unfreiwilligen Isolation herauszukommen. Daher sei die Vorstellung im Asylbewerberheim nur der erste Schritt für das über mehrere Jahre geplante Projekt.
Zurückhaltung und Skepsis herrschte bei den afrikanischen Asylbewerbern. Zwar fühlen sich viele von ihnen durch das weit von der Stadt entfernte Asylbewerberheim allein gelassen und “vergessen”. Dennoch würden auch sie ein Näherkommen mit den Potsdamern begrüßen, doch erschien einigen das Konzept zu vage. Ob die Patenschaft nur auf Besuche von Institutionen und Ämter beschränkt sei oder auch auf freundschaftlicher Basis ausgerichtet sei, wurde unter anderem gefragt.
Dass sich aus den Patenschaften Freundschaften entwickeln, sei zwar mehr als zu wünschen, doch darauf könne der Ausländerbeirat keinen Einfluss nehmen, betonte Boede. Neun dieser Patenschaften gebe es bisher schon in Potsdam. Mögliche Hilfe bei Behördengängen aber vor allem auch zum Erlernen und Festigen der deutschen Sprache, dazu sollen die Patenschaften unter anderem beitragen. Anfang April soll ein erstes gemeinsames Treffen von möglichen Paten mit Ausländern stattfinden. Monatlich sei dann eine Art Stammtisch zum gemeinsamen Gedankenaustausch vorgesehen, erklärte Alba Gjoka. Hier sei der Ausländerbeirat aber noch auf der Suche nach einem geeigneten Raum.
Informationen und der Fragebogen sind beim Ausländerbeirat in der Friedrich-Ebert-Straße 79–81 oder unter Tel.: (0331) 961860 erhältlich.