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Kontrollgremium wurde getäuscht

PKK-Chef will V‑Mann-Affäre nach Ermit­tlun­gen der Staat­san­waltschaft neu
aufrollen

(MAZ, 29.8.) POTSDAM — Die Par­la­men­tarische Kon­trol­lkom­mis­sion (PKK) des Land­tags ist bei
der Aufk­lärung ein­er V‑Mann-Affäre von zumin­d­est einem Mitar­beit­er des
Ver­fas­sungss­chutzes getäuscht wor­den. Das ergibt sich aus dem Ergeb­nis der
staat­san­waltschaftlichen Ermit­tlun­gen, die Gen­er­al­staat­san­walt Erardo
Raut­en­berg gestern bekan­nt gab. PKK-Chef Christoph Schulze (SPD) verlangte
danach eine “Geste der Entschuldigung” vom Innen­min­is­teri­um, weil dem für die Überwachung des Geheim­di­en­stes zuständi­gen Gremi­um “falsche
Infor­ma­tio­nen vorgelegt wur­den”. Schulze kündigte an, dass die PKK den
Ver­rat ein­er Polizeirazz­ia am 6. Feb­ru­ar 2001 durch Verfassungsschutzspitzel
Chris­t­ian K. erneut the­ma­tisieren werde. “Da muss nun nachge­hakt werden”,
erk­lärte der SPD-Poli­tik­er. Bish­er hat­te das Innen­min­is­teri­um stets
behautet, es gebe keine V‑Mann-Affäre.

Nach den Ermit­tlun­gen der Staat­san­waltschaft Pots­dam — die nach
Bekan­ntwer­den von MAZ-Recherchen im Mai ein­geleit­et wur­den — ste­ht fest,
dass der V‑Mann des Ver­fas­sungss­chutzes, Neon­azi Chris­t­ian K., eine
Großrazz­ia der Polizei gegen die recht­sex­treme Szene ver­rat­en hatte. 

In einem Tele­fonat am 6. Feb­ru­ar 2001 mit Bran­den­burgs größtem Händler von
recht­sex­tremer Musik, Sven S. aus Bork­walde, teilte Chris­t­ian K. mit, dass
für den 17. Feb­ru­ar eine Razz­ia geplant sei. Dieser Ter­min, so die
Gen­er­al­staat­san­waltschaft, sei dem Spitzel “von seinem damaligen
V‑Mann-Führer mit­geteilt wor­den”. Der Ver­rat der Razz­ia wurde nur deshalb
bekan­nt, weil die Staat­san­waltschaft Pots­dam gegen Sven S. wegen
Volksver­het­zung ermit­telte und das Lan­deskrim­i­nalamt die Telefongespräche
des Neon­azis abhörte. Nach Bekan­ntwer­den dieses Ver­rats wurde die Razzia
eilig um zehn Tage auf den 7. Feb­ru­ar vorge­zo­gen. Die Durch­suchung von 19
Woh­nun­gen an jen­em Mittwoch erbrachte jedoch keine spektakulären
Erken­nt­nisse. Die Razz­ia stand nach Infor­ma­tio­nen aus Sicher­heit­skreisen im
Zusam­men­hang mit Ermit­tlun­gen gegen die Ter­ror­gruppe “Nationale Bewegung”,
die sich zu dem Bran­dan­schlag auf den jüdis­chen Fried­hof in Pots­dam am 8.
Jan­u­ar 2001 bekan­nt hat­te. Die “Nationale Bewe­gung” ist bis heute
unentdeckt. 

Das Ermit­tlungsergeb­nis der Pots­damer Staat­san­waltschaft ste­ht teil­weise in
krassem Wider­spruch zu Erk­lärun­gen des Ver­fas­sungss­chutzes. Auch gegenüber
der PKK hat­te die Behörde bis­lang allein den Ver­rat der Razz­ia durch Spitzel
Chris­t­ian K. eingeräumt — was ohne­hin durch den Telefonmitschnitt
doku­men­tiert war. Hinge­gen hat­te der Geheim­di­enst kon­se­quent bestritten,
dass der V‑Mann-Führer mit Deck­na­men “Max” dem Spitzel den exakten
Durch­suchung­ster­min mit­geteilt hatte. 

Statt dessen behaupteten die Geheimen, das Datum sei durch zwei
unvor­sichtige Polizeibeamte bekan­nt gewor­den. Ange­blich hätte in der
Bork­walder Gast­stätte “Pipi Langstrumpf” ein Polizist den 17. Feb­ru­ar laut
erwäh­nt. Und zufäl­lig hätte Spitzel Chris­t­ian K., der eben­falls dort gewesen
sein soll, die Bemerkung aufgeschnappt. 

Die Ermit­tlun­gen der Staat­san­waltschaft Pots­dam bestäti­gen nun Angaben, die
der Ende 2002 “abgeschal­tete” Spitzel Chris­t­ian K. im Juni dieses Jahres
gegenüber der MAZ gemacht hat­te. Der Neon­azi, der den Ver­fas­sungss­chutz seit
1998 mit Infor­ma­tio­nen belieferte, stellte die “Pipi-Langstrumpf”-Geschichte
als Erfind­ung seines V‑Mann-Führers dar. “Das sollte ich erzählen, damit er
keinen auf den Deck­el kriegt”, erin­nerte sich Chris­t­ian K. 

V‑Mann-Führer “Max” bezeugte auch gegenüber sein­er Behörde das
“Pipi-Langstrumpf”-Märchen. Offen­bar sind diese dien­stlichen Erk­lärun­gen von
“Max” der PKK als ange­bliche Beweise vorgelegt wor­den, dass es keine
V‑Mann-Affäre und keinen Skan­dal im Ver­fas­sungss­chutz gegeben habe.

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