(PNN) Innenstadt — Entgegen einer Bitte des Potsdamer Verwaltungsgerichts, habe der Verfassungsschutz des Landes Brandenburg weiterhin den Verfassungsschutzbericht 2004 verbreitet. Das warf die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär gestern dem Brandenburger Verfassungsschutz vor. Die Kampagne übergab dem Verfassungsschutz gestern symbolisch mehrere zerrissene Exemplare des Berichts.
Im Bericht heißt es: Gegen den Vorbeter der Potsdamer Al-Farouq-Moschee, Kamal Abdallah, wurde der Vorwurf erhoben, ein „Hassprediger gegen den Westen, seine Lebensweise und die Ungläubigen“ zu sein. Der Imam klagt zur Zeit gegen den Verfassungsschutz vor dem Verwaltungsgericht auf Löschung dieser Passage (PNN berichteten). Das Gericht hatte in diesem Zusammenhang die Bitte geäußert, bis zum Ende des Verfahrens den Bericht nicht weiter zu verbreiten, so Falk Richter von der Kampagne gegen Wehrpflicht. „Auf eine Anfrage beim Verfassungsschutz hieß es, die Buchform ist vergriffen“, so Lutz Böde von der Kampagne. Er sei auf die Internetversion verwiesen worden, die frei von Änderungen zum Herunterladen bereit steht. Die Kampagne warf dem Verfassungsschutz gestern vor, auf diese Weise zu versuchen, den eigentlichen Gedanken, der hinter der Bitte des Gerichts steht, zu umgehen. Die Leiterin des Referats Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes, Ute Intveen-Treppmann, wies dies zurück. Die Vereinbarungen zwischen Gericht und Verfassungsschutz bezögen sich ausschließlich auf die Buchform des Berichts und die sei nicht „vergriffen“, sondern „stünde nicht zur Verfügung“. Man sei der Bitte also gefolgt, so Intveen-Treppmann. In Kürze erwarte sie den Gerichtsbeschluss über die Klage des Imam.
Bitte verlassen sie das Objekt!
Lutz Boede von der Kampagne gegen Wehrpflicht scheitert bei der Einnahme der Verfassungsschutzzentrale
(MAZ) POTSDAM-MITTE Gestern, 11 Uhr, Haus G, Zugang GA, zweiter Stock. Lutz Boede klingelt. Beim Verfassungsschutz in der Henning-von-Tresckow-Straße. Der Aktivist der Kampagne gegen Wehrpflicht will mit Kollege Falk Richter den Verfassungsschutzbericht abgeben. Zerschreddert in einem blauen Plastiksack. Weil auf Seite 121 “strafrelevante Äußerungen” gegen den Imam der Potsdamer Al-Farouq-Moschee stünden, so Boede. Gegen den im Dossier enthaltenen “Hassprediger”-Vorwurf hat der Imam geklagt. Auf der Internetseite des Verfassungsschutzes würden die bereits richterlich kritisierten Behauptungen aber nach wie vor verbreitet, so Richter.
Nach fünf Minuten öffnet eine Frau: “Wer seid ihr denn? Einen Moment, bitte.” Sie verschwindet hinter der elektronisch gesicherten Glastür. Hinein kommt nur, wer den Zahlencode kennt. Die Besucher sind nicht angemeldet. “Die Aktion wurde am Telefon und per E‑Mail ausführlich besprochen”, sinniert Richter, “das müssten die doch wissen.”
Aber nichts tut sich. Boede klopft an die Glastür, telefoniert: “…wär´ schön, wenn wir nicht noch ´ne Viertelstunde warten müssen.” Der technische Leiter des Innenministeriums ist plötzlich da. “Bitte verlassen sie das Objekt!” Die Delegation bleibt standhaft. “Hallo”, ruft Boede den drei sich hinter der Glastür bewegenden Schatten zu. “Sie haben eine Dienstpflicht.” Und leiser: “Bei der Stasi wäre man längst reingelassen worden.”
Eine Frau Frohberg von der Pressestelle erscheint, sie will jemanden anrufen. Dann ist Edeltraud Schulz vom Einlass mit zwei Polizisten zur Stelle. Zwei weitere wollen die Personalausweise der Versammelten sehen. “Machen Sie mal bitte auf, hier ist die Polizei, die richtige”, ruft ein Beamter. Vergeblich.
Nach 40 Minuten ist Ute Int- veen-Treppmann, Chefin der Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes, gesprächsbereit. Aber nur draußen: Im Foyer zwischen barocken Putti von der Lustgartenmauer hört sie geduldig zu. Nach Prüfung eines “Protokolls” werde die Internetseite geändert, versichert sie. Edeltraud Schulz thront wieder in ihrer Einlassloge: “Erst anmelden, ich rufe dann an.”