POTSDAM Zehn Jahre nach Beginn der Kriege in Tschetschenien hat die russische
Menschenrechtsorganisation “Memorial” die Bundesrepublik Deutschland und
andere Staaten West€pas zu einem besseren Schutz von Flüchtlingen aus der
Krisenregion im Nordkaukasus aufgerufen. Die Verweigerung der Aufnahme sowie
Abschiebungen in die ost€päischen EU-Staaten widersprächen
Menschenrechts- und Flüchtlingskonventionen, kritisierte die
Menschenrechtsverteidigerin Libkhan Basaeva gestern in Potsdam. “Memorial”
war am Vortag in Stockholm mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet
worden.
Deutschland müsse das nach EU-Recht mögliche so genannte
“Selbsteintrittsrecht” wahrnehmen, auf Rückschiebungen in die
Ersteinreiseländer verzichten und einen eigenständigen Schutz für
Flüchtlinge gewähren, forderten auch die Deutsch-Kaukasische Gesellschaft
und der Flüchtlingsrat Brandenburg. Notwendig sei zudem eine Änderung des
Asylrechts, durch die traumatisierte Flüchtlinge nach österreichischem
Vorbild grundsätzlich Abschiebeschutz erhalten sollen.
In Brandenburg würden seit August verstärkt tschetschenische Flüchtlinge an
der Oder aufgegriffen und in die Abschiebehaftanstalt Eisenhüttenstadt
gebracht. Dieses Vorgehen gegen Kriegsopfer widerspreche humanitärem
Handeln, rügte Judith Gleitze vom Flüchtlingsrat. Die ost€päischen Länder
könnten auf Grund der schlechten Wirtschaftslage keine ausreichende
Unterstützung gewähren und seien überfordert, so Ekkehard Maaß von der
Deutsch-Kaukasischen Gesellschaft.
Der Flüchtlingsrat forderte das Land Brandenburg auf, bei der
Innenministerkonferenz eine humanitäre politische Lösung zu unterstützen.
Nach Informationen von Maaß halten sich derzeit 30 000 bis 35 000
tschetschenische Flüchtlinge in West€pa auf.