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Kurzatmiger Kampf gegen Rechtsextremismus

POTSDAM/BERLIN Gut gedacht, schlecht gemacht — auf diese Kurz­formel lässt sich das Bun­de­spro­jekt “Civ­i­tas” brin­gen. Die Ini­tia­tive gegen Recht­sex­trem­is­mus in den neuen Län­dern war im ver­gan­genen Som­mer von der Bun­desregierung ins Leben gerufen wor­den. Drei Jahre, so ver­sprach Jugend­min­is­terin Chris­tine Bergmann (SPD) damals großzügig, sollte die Finanzierung gesichert sein, um tragfähige Struk­turen vor Ort aufzubauen. Das Mot­to: Nachhaltigkeit. 

Doch der lange Atem der Bun­desregierung im Kampf gegen den Recht­sex­trem­is­mus ist schon nach weni­gen Monat­en kurzat­mig gewor­den. Von den ver­sproch­enen För­der­mit­teln haben die meis­ten Mobilen Beratung­steams, lokalen Ini­tia­tiv­en und Opfer­ver­bände in diesem Jahr noch keinen einzi­gen Euro gese­hen. Grund: Der Beirat, der für die Ver­gabe der zehn Mil­lio­nen Euro für Ost­deutsch­land in diesem Jahr zuständig ist, hat sich noch immer nicht kon­sti­tu­iert. Deshalb liegen viele der 79 Einzel­pro­jek­te in Bran­den­burg auf Eis. 

Wie beim Vere­in Vil­la Fohrde im gle­ich­nami­gen Ort, nur wenige Kilo­me­ter nördlich von Brandenburg/Havel. Das selb­st ver­wal­tete Bil­dungs- und Kul­turhaus hat das Konzept “Schülervertre­tun­gen gegen Recht­sex­trem­is­mus und Ras­sis­mus” ent­wor­fen. Schüler aus ver­schiede­nen Schulen kön­nen fünf Tage lang in Fohrde unter Anleitung eines Regis­seurs und Filmemach­ers ein The­ater­stück zu diesem The­ma schreiben und insze­nieren sowie ein Video drehen. Die Filme sollen dann in den Schulen zu Debat­ten anre­gen, for­muliert Wern­er Böv­in­gloh, Leit­er der Heim­fort­bil­dungsstätte, das Konzept. Der Vorteil: “Damit kann man Jugendliche bess­er sen­si­bil­isieren, weil Gle­ichal­trige nicht gle­ich den Zeigefin­ger raus­holen.” Das habe im ver­gan­genen Jahr sehr gut geklappt. 

Doch inzwis­chen hat Böv­in­gloh die Anmel­dun­gen für das Pro­jekt in diesem Jahr gestoppt. Denn er weiß noch immer nicht, ob er für den näch­sten Durch­gang Anfang März die beantragten Mit­tel erhält. Ins­ge­samt hat er 60 000 Euro in diesem Jahr für das Civ­i­tas-Konzept einge­plant. Muss er ein Sem­i­nar kurzfristig absagen, ste­he das Tagung­shaus leer. Für den Heim­leit­er ste­ht mehr auf dem Spiel als nur sechs Sem­i­nare in diesem Jahr. “Wir kön­nen die Ver­luste durch einen Aus­fall kaum tra­gen”, erk­lärt Böv­in­gloh. Jed­er Aus­fall sei exis­tenzbedro­hend. “So kann man keine pro­fes­sionelle, geschweige denn nach­haltige Arbeit machen.” 

Auch Gio­van­na Bonomet­ti, Geschäfts­führerin der Lan­desar­beits­ge­mein­schaft für poli­tisch-kul­turelle Bil­dung in Bran­den­burg sorgt sich um einige Ini­tia­tiv­en in Bran­den­burg. Das Civ­i­tas-Pro­jekt der Bun­desregierung sei extra gegrün­det wor­den, um schnell und unbürokratisch Hil­fe zu leis­ten. Doch der Beirat für dieses Jahr sei noch immer nicht arbeits­fähig. “Und deshalb sind noch immer Mit­tel blockiert.” 

Auswirkun­gen habe das vor allem auf die freien Träger, die nicht auf Rück­la­gen zurück­greifen kön­nen und außer­dem kaum Chan­cen haben, bei Banken einen Über­brück­ungskred­it zu erhal­ten, berichtet Wol­fram Hülse­mann, Leit­er des Mobilen Beratung­steams in Bran­den­burg. Mit kom­plizierten Ver­gabev­er­fahren demor­al­isiere man engagierte Leute vor Ort, so Hülse­mann. “Das ist fatal — die sind näm­lich der demokratis­che Goldstaub.” 

Im Berlin­er Jugend­min­is­teri­um ist man sich kein­er Schuld bewusst. Die Fol­geaufträge der ins­ge­samt 314 Pro­jek­te in den ost­deutschen Län­dern lägen nun auf dem Tisch, so die Sprecherin Chris­tine Mühlbach. Nun werde der Beirat in den kom­menden Wochen darüber entschei­den. Wann genau, könne sie jedoch noch nicht sagen. Nur so viel: “Zügig, ohne größere Verzögerungen.”

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