(MAZ, Anke Dworek, Frank Schauka) FÜRSTENBERG Ein Buchstabe und zwei Zahlen — von Antisemiten auf ein Denkmal im ehemaligen Konzentrationslager für Frauen in Ravensbrück geschmiert — haben die Ermittlungsbehörden in Brandenburg gestern in Alarm versetzt: “C 18”, die Abkürzung für die englische Terrorgruppe “Combat 18”. Todeslisten und Bombenattentate in London werden der Gruppe zugerechnet, die auch Rechtsextremisten aus Brandenburg als militantes Vorbild dienen soll.
Gegen 9 Uhr gestern früh haben zwei Polizeibeamte bei ihrer Streifenfahrt an der Zufahrt zur Mahn- und Gedenkstätte die antisemitischen Schmiererei entdeckt. Um den Hals einer Skulptur des Denkmals “Müttergruppe” baumelte ein 1 mal 0,2 Meter großes Holzschild mit einem durchgestrichenen Davidstern sowie der Aufschrift “C 18” und “Tod der ZOG”. “ZOG” ist die Abkürzung für “Zionist Occupied Gouvernment” und proklamiert als Programm die Vernichtung von Regierung, die entsprechend der nazistischen Ideologie von Zionisten beherrscht werden. Die Zahl 18 ist symbolisch gemeint: Der erste und der achte Buchstabe des Alphabets stehen für Adolf Hitler.
Nach Angaben des Polizeipräsidiums Potsdam haben das Staatsschutzkommissariat und die Staatsanwaltschaft Neuruppin die Ermittlungen übernommen. Ob die Tatortspuren mit weiteren antisemitische Anschlägen in Brandenburg in Verbindung gebracht werden können, ist zunächst unklar. Derzeit, heißt es, gebe es keine Hinweise auf einen Zusammenhang zu dem ungeklärten Brandanschlag auf die Gedenkstätte für die Opfer des Todesmarsches im Belower Wald bei Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) im September 2002. Noch unwahrscheinlicher erscheint eine Täterschaft der bis heute unbekannten Terrorkleinstgruppe “Nationale Bewegung”, die bei den meisten ihrer Aktionen Bekennerschreiben am Tatort hinterlegt hatte. Auf das Konto der “Nationalen Bewegung” geht der Brandanschlag auf die Trauerhalle des jüdischen Friedhofs am 8. Januar 2001 in Potsdam.
Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, reagierte besorgt auf den Propaganda-Anschlag: “Wir sind über diese erneute antisemitische Schändung einer KZ-Gedenkstätte in Brandenburg zutiefst schockiert und empört.” Zudem kritisierte Morsch die Ermittlungsbehörden. Er sei “in höchstem Maß beunruhigt, aber zunehmend auch ungeduldig, dass mehr als ein Jahr nach dem schweren Anschlag in Below keinerlei Erfolge bei der Suche nach den Tätern zu verzeichnen sind”.
Die Aufschriften auf dem Holzschild wertet Morsch als Indizien gegen einen spontanen Einzeltäter. Man müsse vielmehr “annehmen, dass es sich um geplante und zielgerichtete Attacken von rechtsextremistischen Gruppen mit festen organisatorischen und logistischen Strukturen handelt”. Die Behörden müssten daher alle Anstrengungen unternehmen, um die rechtsextremistischen Strukturen hinter den Tätern zu zerschlagen.
Antisemitismus ist in Brandenburg zwar rückläufig, aber in der Gesellschaft immer noch weit verbreitet. Nach einer Langzeitstudie des Potsdamer Jugend- und Gewaltforschers Dietmar Sturzbecher hatten im Jahr 2001 immerhin 22 Prozent der Jugendlichen antisemitische Vorurteile völlig oder tendenziell befürwortet. Vollständig abgelehnt wurden antisemitische Vorurteile hingegen von 41 Prozent aller Schüler.