Potsdam — Brandenburg will neonazistische Aufmärsche an dem Soldatenfriedhof
in Halbe künftig per Gesetz verhindern. Das Kabinett will am 3. Mai ein
entsprechendes Gedenkstättenschutzgesetz verabschieden und in den Landtag
einbringen. Das Gesetz ermöglicht ein Verbot von Aufmärschen nicht nur am
Soldatenfriedhof in Halbe, sondern an allen rund 1200 Kriegsgräberstätten im
Land. Es soll noch vor der Sommerpause vom Landtag beschlossen werden.
Brandenburg reagiert damit auf das am 24. März vom Bundestag verschärfte
Versammlungsrecht, das historisch herausragende Gedenkstätten für die Opfer
der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wie das Holocaust-Denkmal in
Berlin unter besonderen Schutz stellt. Versammlungen und Aufmärsche von
Rechtsextremisten können an solchen Gedenkstätten verboten werden, um die
Würde der Opfer nicht zu beeinträchtigen. Dazu zählen in Brandenburg auch
die ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen.
Brandenburgs Innenministerium sieht Handlungsbedarf, weil nach den
bundesrechtlichen Vorgaben Kriegsgräberstätten nicht als Gedenkstätten
gelten, die an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung unter der
nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnern. Das heißt,
dass der Soldatenfriedhof Halbe, wohl der größte Deutschlands, nicht unter
das neue Bundesgesetz fällt. Andererseits gibt es eine Öffnungsklausel, die
es den Ländern erlaubt, durch eigenes Gesetz die Orte zu bestimmen, an denen
Versammlungen oder Aufzüge unter erleichterten Voraussetzungen verboten
werden können.
In Halbe finden seit Jahren zum Volkstrauertag regelmäßig Aufmärsche von
Neonazis statt. Auf dem Friedhof sind auch zahlreiche Wehrmachtssoldaten und
Angehörige der Waffen-SS begraben.
In der Kabinettsvorlage wird hervorgehoben, dass der bisherige Schutz der
Gräberstätten, die die Erinnerung an die schrecklichen Folgen von Krieg und
Gewaltherrschaft wach halten sollen, nicht ausreiche. So lasse das geltende
Recht Raum dafür, dass an Friedhöfen “Veranstaltungen durchgeführt werden
können, die nationalsozialistiches Unrecht verherrlichen oder verharmlosen”.
Sie beeinträchtigten die Würde der Opfer und schädigten das Ansehen des
Landes.
Nach dem Gesetzentwurf bedürfen Veranstaltungen auf Gräberstätten künftig
einer Erlaubnis, die von kommunalen Behörden erteilt wird. Veranstaltungen,
die die Würde der Opfer verletzen und die Ruhe der Toten stören könnten,
sind nicht erlaubt. Der besondere Schutz für alle 1200 Gräberstätten im Land
wird auch damit begründet, dass die Überlebenden des Holocausts darauf
vertrauen sollen, dass Brandenburg alles unternimmt, “um die Würde der Opfer
zu schützen und ihre Gräberstätten als Orte zu erhalten, an denen ihrer
ungestört gedacht werden kann”.
Auf den rund 1200 Kriegsgräberstätten und Brandenburg ruhen 183 468 Opfer
von Krieg und Gewaltherrschaft. Allein in Halbe liegen die Gräber von 17 000
Soldaten und weiteren fast 6000 Personen.