(BM, 04.02.05, Dieter Salzmann) Potsdam — Im Landtag wächst die Empörung über den Besuch von
Landtagsabgeordneten der rechtsextremistischen NPD-Fraktion aus Sachsen im
Potsdamer Parlament. Das Treffen zeige, daß “an einem rechtsradikalen Block
gearbeitet wird”, sagte Florian Engels, Sprecher der SPD-Fraktion. Dem müsse
man sich “glasklar” entgegenstellen. Die NPD-Abordnung unter Leitung des
Fraktions-Chefs Holger Apfel auf dem Brauhausberg war, wie berichtet, am
Dienstag einem CDU-Parlamentarier aufgefallen.
Unterdessen prüft Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) ein Hausverbot für
NPD-Mitglieder. Alle rechtlichen Schritte würden ausgeschöpft, sagte er. Es
sei jedoch schwierig, alle Besucher entsprechend zu kontrollieren. Das
Parlamentspräsidium werde sich bei seiner nächsten Sitzung am Mittwoch mit
möglichen Konsequenzen beschäftigten, sagte der Landtagspräsident.
Unterdessen hat sich Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) für ein neues
NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen. “Ich stehe ganz klar dafür”, sagte
Platzeck gestern. Zwar sei mit einem Verbot nicht das Problem des
Rechtsextremismus zu lösen. Ein Nicht-Verbot bedeute jedoch, daß die NPD den
Zugang zur öffentlichen Parteienfinanzierung behalte.
NPD und DVU hatten Mitte Januar vereinbart, künftig zusammenzuarbeiten.
Vorgesehen ist unter anderem, daß bei Wahlen DVU-Kandidaten auf NPD-Listen
aufgestellt werden und umgekehrt. Primäres Ziel beider Parteien ist der
Einzug in den Bundestag bei den Wahlen im Herbst 2006.
“Die Möglichkeit war nie so groß”, sagt der SPD-Landesgeschäftsführer Klaus
Ness. Nach seiner Einschätzung gibt es eine klare Arbeitsteilung: Die DVU
stellt ihre Organisation zur Verfügung und die NPD integriert die Gruppen
aus dem rechten Spektrum. Es bestehe die Gefahr, daß es der NPD im Osten
gelingen werde, die alternde PDS als Sammelbecken der Unzufriedenen
abzulösen und deren bisherige zivil-gesellschaftliche Strukturen zu
übernehmen, sagte Ness.
Diese Auffassung vertritt auch der Leiter des mobilen Beratungsteams,
Wolfram Hülsemann. Die Rechtsextremen praktizierten neue Strategien. Indem
sie bürgerlich aufträten, sich für soziale Einrichtungen engagierten und
“den Staat verteufeln und einfache Lösungen” propagierten, erhofften sie
sich Akzeptanz. Laut Hülsemanns lehne ein erheblicher Teil jüngerer und
älterer Menschen in der Mark demokratische Wertvorstellungen ab.
Für Parteienforscher Jürgen Dittberner vermittelt der Umgang der
demokratischen Parteien mit den Rechten den Eindruck von Hilflosigkeit.
Bloßes Ignorieren sei “oberflächlich und schwach”, sagte der Politologe und
rät zur direkten Konfrontation.
Landtagspräsident prüft Hausverbot für NPD
Rechtliche Umsetzung schwierig / PDS: Parlament ist öffentliches Haus
(Berliner Zeitung, 4.2., Jens Blankennagel und Martin Klesmann) POTSDAM. Ein Treffen von Parlamentarien der NPD mit DVU-Abgeordneten im
Brandenburger Landtag hat die demokratischen Parteien in Potsdam in
Aufregung versetzt. Sie suchen jetzt nach Möglichkeiten, wie verhindert
werden kann, dass der Landtag zum Treffpunkt rechtsextremer Parteien wird.
Zu den unerwünschten Besuchern am Dienstag zählte auch der sächsische
NPD-Fraktionschef Holger Apfel, der sich zuletzt im Landtag in Dresden
geweigert hatte, der Opfer des nationalsozialistischen Holocausts zu
gedenken.
Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) prüft jetzt ein Hausverbot für die
NPD. Er sagte am Donnerstag, dies sei rechtlich aber nicht einfach
durchzusetzen. Der Vorschlag, den CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek machte,
wird von der SPD unterstützt. Dabei geht es den Fraktionsspitzen nicht
zuletzt um die Signalwirkung. Die PDS-Fraktionsvorsitzende Dagmar Enkelmann
sieht den Vorstoß indes kritisch: “Der Landtag ist nun mal ein öffentliches
Haus”, sagte sie. Solange die NPD nicht verboten sei und im Potsdamer
Landtag nicht öffentlich rassistische Propaganda betreibe, gebe es kaum eine
rechtliche Handhabe. Auch Fritsch selbst ist unsicher: “Die Rechtslage ist
schwierig.” Jeder Abgeordnete habe bestimmte Rechte, unabhängig von der
Parteizugehörigkeit, sagte er. “Klar ist aber, dass im Landtag keine
Parteiveranstaltungen stattfinden dürfen.”
Die Fraktionen von SPD und CDU vermuten, dass NPD und DVU im Landtag bereits
über die Bundestagswahl 2006 sprachen, was womöglich einer
Parteiveranstaltung gleich käme. DVU und NPD hatten vor Monaten ein
Wahlbündnis geschlossen: Bei der nächsten Bundestagswahl soll die NPD mit
einer offenen Liste für DVU-Mitglieder auch in Brandenburg antreten.
“Das Hausrecht erstreckt sich nicht darauf, die Parteizugehörigkeit der
Besucher zu ermitteln”, räumte Fritsch ein. Hausverbote habe es bisher nicht
gegeben. Eigentlich sei es nur möglich, wenn einzelne Personen gegen die
Hausordnung oder gegen Gesetze verstoßen — etwa durch das Tragen verbotener
Symbole. Parteienforscher wie Jürgen Dittberner von der Universität Potsdam
reagierten skeptisch: Ein solches Hausverbot sei “nur ein Symbolmittel, das
in der Sache nichts ändert”, sagte er.
DVU-Fraktionssprecher Thilo Kabus sagte, dass es sich bei dem NPD-Besuch am
Dienstag um ein “informelles Treffen” beider Fraktionen gehandelt habe.
Anwesend seien nur die Fraktionsvorstände gewesen. “Es war ein Austausch
über die Erfahrungen der vergangenen Zeit”, sagte Kabus, einst selbst lange
Jahre NPD-Mitglied und von 1992 bis 1998 sogar NPD-Landeschef in
Brandenburg. Weitere Treffen schloss Kabus nicht aus. Die Debatte um ein
mögliches Hausverbot nannte der DVU-Mann eine “verfassungswidrige
Einschränkung der Arbeitsmöglichkeiten” der DVU-Mitglieder.
Tatsache ist indes, dass NPD und DVU seit ihrem Wahlbündnis verstärkt
gemeinsame Positionen vertreten. Dabei bestehe die Gefahr, dass die
weitgehend vom Münchner Verleger Gerhard Frey ferngesteuerte DVU in
Brandenburg von der NPD dominiert werde, wie Brandenburgs
Verfassungsschutzchefin Winfriede Schreiber jüngst gewarnt hatte.
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sprach sich am Donnerstag erstmals
für ein erneutes Verbotsverfahren gegen die NPD aus. Allerdings müsse es
gründlich abgesichert sein, sagte er.
Konflikt im Landtag spitzt sich zu
Präsidium berät über NPD-Hausverbot
(MAZ, 4.2.) POTSDAM Die Landtagsfraktionen von SPD, CDU und PDS haben Widerstand gegen die
Kooperation zwischen den rechtsextremen Parteien DVU und NPD angekündigt.
Das kürzliche Treffen der Potsdamer DVU-Fraktion mit NPD-Abgeordneten aus
dem Dresdner Landtag zeige, dass “an einem rechtsradikalen Block gearbeitet
wird”, sagte SPD-Fraktionssprecher Florian Engels gestern. “Dem müssen wir
uns glasklar entgegenstellen.” DVU-Sprecher Thilo Kabus sagte, es habe
lediglich einen “Erfahrungsaustausch über die Arbeit in Landesparlamenten”
gegeben.
Die Brandenburger DVU hatte sich am Dienstag überraschend mit sächsischen
NPD-Politikern im Landtag getroffen. Daraufhin bat CDU-Fraktionschef Thomas
Lunacek Landtagspräsident Gunter Fritsch, ein Hausverbot zu prüfen. Es sei
nicht hilfreich, wenn sich zu den bereits im Landtag vorhandenen Extremisten
weitere gesellten, so Lunacek. Fritsch sicherte seine Bereitschaft zu einer
solchen Maßnahme zu, will sich aber zunächst über die Möglichkeiten
informieren. Am 9. Februar wird sich laut Fritsch das Präsidium des
Parlaments mit dem Thema befassen. Ein Hausverbot für den brandenburgischen
Landtag ist nirgendwo schriftlich geregelt.
PDS und SPD unterstützten ein mögliches Hausverbot gegen die NPD. “Wenn
jemand im Landtag faschistische
, nationalsozialistische oder rassistische
Parolen verkündet, hat der Präsident das Recht, ihn des Hauses zu
verweisen”, sagte die PDS-Fraktionschefin Dagmar Enkelmann. Der
Parteienforscher Jürgen Dittberner nannte ein Hausverbot “nur ein
Symbolmittel, das in der Sache nichts ändert”.
Nach Ansicht des Politologen der Universität Potsdam will die NPD den
Bündnispartner DVU mit Blick auf die Bundestagswahl 2006 auf einen
radikaleren Kurs bringen. Dagegen müssten die demokratischen Parteien
überparteilich vorgehen und ihre bisherige “Hilflosigkeit” im Umgang mit den
Rechtsextremen abstreifen. “Parteien, die Auschwitz leugnen und nationale
Minderheiten verachten, müssen in der öffentlichen Diskussion gestellt
werden.” Das Ignorieren der Abgeordneten in den Länderparlamenten sei
“oberflächlich und schwach”.
Widerstand gegen “rechten Block”
Potsdamer Landtagsfraktionen wollen Hausverbot für NPD durchsetzen
(LR, 4.2.) Die Brandenburger Landtagsfraktionen von SPD, CDU und PDS haben Widerstand
gegen die Kooperation der rechtsextremen Parteien DVU und NPD angekündigt.
Das kürzliche Treffen der Potsdamer DVU-Fraktion mit NPD-Abgeordneten aus
dem Sächsischen Landtag zeige, dass “an einem rechtsradikalen Block
gearbeitet wird”, erklärte gestern SPD-Fraktionssprecher Florian Engels.
“Dem müssen wir uns glasklar entgegenstellen.” DVU-Sprecher Thilo Kabus
sagte, es habe lediglich einen “Erfahrungsaustausch über die Arbeit in
Landesparlamenten” gegeben.
Die Brandenburger DVU hatte sich am vergangenen Dienstag überraschend mit
sächsischen NPD-Politikern im Landtag getroffen (die RUNDSCHAU berichtete).
Daraufhin bat CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek Landtagspräsident Gunter
Fritsch, ein Hausverbot zu prüfen. Es sei nicht hilfreich, “wenn sich neben
den schon jetzt vorhandenen Extremisten im Landtag noch weitere aus anderen
Bundesländern hinzugesellen”, hieß es in dem Brief.
Fritsch sicherte seine Bereitschaft zu einer solchen Maßnahme zu. Am
nächsten Mittwoch wird sich laut Fritsch das Präsidium des Parlaments mit
dem Thema befassen. Beim Hausverbot gehe es um eine
“Einzelfallentscheidung”, die der Parlamentspräsident sorgfältig abzuwägen
habe, sagte dessen Büroleiter Gernot Schmidt.