(FRANK PECHHOLD, MAZ) KÖNIGS WUSTERHAUSEN “Wegen der verquasten Befehlssprache” mischte sich Bürgermeister Stefan Ludwig gestern unter die Zuschauer im Königs-Wusterhausener Schlosspark. Auch er wollte hören, auf welche Befehle die Elite-Infanteristen des Soldatenkönigs 1713 gehorchen mussten. Mitglieder des Potsdamer Lange-Kerls-Vereins exerzierten vor mehr als 300 Schaulustigen.
Ein amüsantes Spektakel. Dafür sorgte Vereinsoffizier Klaus Brucker. Kostümiert als Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (der Alte Dessauer) moderierte er die Exerzierstunde. “Der sieht wirklich aus wie der Alte Dessauer”, staunte Museumsführerin Gabriele Leyh. Sie kennt das abgebildete Original von zwei im Schloss ausgestellten Gemälden. Fürst Leopold sei sozusagen der Erfinder der Langen Kerls gewesen, sagte Leyh.
“Wir wollen nicht die Perfektion der preußischen Infanterie zeigen, sondern wie Werbung, Musterung, Exerzieren und Schießen abliefen”, so Klaus Brucker.
Am authentischen Ort. Hier begann der spätere Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. schon als Kronprinz damit, ein Kontingent besonders groß gewachsener Grenadiere aufzustellen. Königs Wusterhausen, Lieblingsaufenthalt des Königs, gilt also zu Recht als Ursprungsort der legendären Kerls. Deren Erbe halten die Mitglieder des Potsdamer Vereins wach.
Erbarmungslos schien die Sonne auf den Schlossplatz, wo die Garde in voller Montur Gewehr bei Fuß stand. “Verglichen mit anderen €päischen Armeen waren die Langen Kerls spartanisch gekleidet”, erklärte Klaus Brucker. Auch damals hätte die Garde oft in der prallen Mittagshitze exerzieren müssen. “Eine Schweiß treibende Sache, um die Kerls zu zwingen, ihre Uniformen zu waschen”, hatte Brucker die Lacher auf seiner Seite.
Ein Major “visitierte die Kerls vor dem Exerzieren aufs peinlichste.” Jeder musste 64 einzelne Befehle befolgen, bevor es mit sieben Handgriffen zum Schuss kam. Als sich ein Kerl vergriff, hagelte es strafende Blicke und barsche Worte des inspizierenden Majors. Brucker: “Das kann nur ein Neuer gewesen sein. Ein Österreicher oder Sachse.”
Mit den Ladestöcken stopften die Soldaten ihre Gewehre. “Die haben tatsächlich Schwarzpulver in den Lauf getan. Was schließen wir daraus? Dass es gleich einen lauten Knall gibt”, kündigte Brucker an. “Spannt den Hahn!” hallte der Befehl über den Schlossplatz. “Finger in die Ohren, aber nicht zu tief, sonst bekommt ihr sie nicht mehr raus”, kommandierte Brucker die Besucher. Dann feuerten die Kerls los.