Malern mit Geschichtskurs: Azubis aus Bremen und Oberhavel arbeiten eine
Woche lang in der Gedenkstätte Sachsenhausen
ORANIENBURG “Auf so einer Baustelle war ich noch nie”, sagt Patrick Franzen.
Vierzehn karge Steinbaracken, je hundert Quadratmeter groß. Patrick steht
auf dem Gelände des “Sonderlagers” für Kriegsgefangene im ehemaligen KZ
Sachsenhausen. Wo früher 60 Menschen in jede Einzelbaracke gepfercht wurden,
verputzt der 17-jährige Berufsschüler aus Zehdenick heute rissiges
Mauerwerk. “Sonst verfällt hier alles.”
Patrick ist einer von 35 Auszubildenden aus Bremen und der Oberhavel, die
sich an einem bemerkenswerten Projekt beteiligen. Seit Montag sanieren junge
Maurer, Maler, Tischler und Trockenbauer eine Woche lang Gebäude, Fenster
und Lagermauern in der Gedenkstätte. Das Motto: “Lernen und arbeiten”. Denn
neben der handwerklichen Arbeiten setzen sich die elf Schüler des OSZ
Hennigsdorf und die 24 Bremer vom Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße mit
NS-Geschichte auseinander.
“Das Projekt wurde 1993 in Bremen ins Leben gerufen. Die Jugendlichen
sollten gegen Rechtsextremismus sensibilisiert werden”, erzählt Fachlehrer
Hans Jochen Gries. “Die Idee kam so gut an, daß wir nicht mal alle
Interessierten mit nach Sachsenhausen nehmen konnten.” Zum zehnten Mal sind
die Bremer nun dabei, 1998 kamen die Brandenburger dazu.
Für Steffen Kühntopp aus Oranienburg sind die Maler-Arbeiten in der
KZ-Gedenkstätte “schweißtreibend”. Wenn Zeit ist, geht der 19-Jährigeüber
das Gelände, fragt nach, kommt ins Grübeln. “Früher fand ich Geschichte
ziemlich langweilig. Ich hatte überhaupt keine Vorstellungen davon, was in
so einem KZ geschehen konnte.”
Vorurteile abbauen. Auch zwischen Ost und West. Die Bremer und die
Brandenburger übernachten in der Jugendbegegnungsstätte Flecken Zechlin.
Abends sitzen sie zusammen, spielen Billard oder machen Musik. Einige mußten
für die Woche Urlaub nehmen. Alle müssen für ihren Arbeitseinsatzen zahlen -
50 oder 75 Euro. Patrick Franzen möchte auch im nächsten Jahr dabei sein.
“Jeder da draußen sollte das auch, jeder, der gegen Juden und Ausländer
ist”.