MENKIN. Der Neonazi Martin Wiese, der in München rechtsterroristische
Anschläge gegen jüdische Einrichtungen vorbereitet haben soll, war in diesem
Jahr bereits mehrmals im uckermärkischen Ort Menkin zu Besuch. Nach einem
Bericht des RBB-Nachrichtenmagazins Klartext besuchte Wiese am 3. Mai 2003
die Geburtstagsfeier von Andreas J. in Menkin, einem 200-Seelen-Ort
unmittelbar an der Landesgrenze zu Vorpommern. Auf jener Geburtstagsfeier
soll Wiese laut RBB den Partygästen bereits angedeutet haben, dass er die
Errichtung eines jüdischen Gemeindezentrums in München mit allen Mitteln
verhindern wolle.
Zu der Feier in einem Garagenkomplex hatte Andreas J. auch Marcel K. und
Steven Z., beide 24 Jahre alt und polizeibekannte Skinheads, eingeladen. Die
beiden gelernten Tischler, die als Waffennarren bekannt sind, sollen dann am
Tag nach der Feier über den nahen Grenzübergang Linken nach Polen gefahren
sein und dort in einem ehemaligen Bunkergebiet nach alten Granaten und Minen
gesucht haben. Die beiden jungen Männer waren geübt darin, noch verwertbaren
Sprengstoff aus alter Weltkriegsmunition zu entnehmen. Steven Z. hatte
allerdings bereits 1998 seine linke Hand beim Experimentieren mit einer
Granate eingebüßt. Martin Wiese soll das in Polen besorgte TNT dann in
seinem Rucksack nach München transportiert haben.
Eltern beklagen Kontaktsperre
Seit nunmehr 14 Tagen befinden sich Marcel K. und Steven Z. in Bayern in
strenger Einzelhaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, Unterstützer
oder gar Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu sein. Auch Andreas
J. war zunächst festgenommen worden, ist aber inzwischen gegen Auflagen aus
der Haft entlassen worden. Gegen den 37-jährigen Andreas J., der im
vorpommerschen Pasewalk jahrelang Nachbar von Martin Wiese war, ermittelt
die Bundesanwaltschaft aber weiter wegen Unterstützung einer terroristischen
Vereinigung. In Sicherheitskreisen gilt es als sicher, dass Andreas J. bei
seinen Vernehmungen in Karlsruhe interessante Aussagen über den ebenfalls
inhaftierten Neonazi-Anführer Martin Wiese gemacht hat.
Wenige Tage nach Wieses Besuch in der Uckermark hatte die Polizei am 14. Mai
2003 die Wohnung von Andreas J. in Menkin durchsucht. Er war wegen
Waffenbesitzes angezeigt worden. Bereits zuvor war dem kräftigen Mann der
Waffenschein entzogen worden. Eine Meldung an den Verfassungsschutz erfolgte
aber nicht. Wiese war im Juni wieder zu Gast in Menkin.
Die Eltern der inhaftierten jungen Männer aus Menkin und Brüssow versuchen
indes seit zwei Wochen vergebens, einen direkten Kontakt zu ihren Kindern
herzustellen. “Ich wollte meinem Sohn den Namen eines Anwalts zukommen
lassen”, sagte Jürgen K. am Mittwoch. “Aber das hat man uns verwehrt.” Jetzt
habe er einen Brief geschrieben. Auch die Mutter von Steven Z. hat bisher
lediglich die Benachrichtigung erhalten, dass ihr Sohn im bayerischen
Regensburg im Gefängnis sitzt. “Um überhaupt etwas zu erfahren, habe ich mir
schon die Finger blutig gewählt”, sagte sie. Ein Neonazi sei ihr Sohn nicht
gewesen. Der Stiefvater von Steven Z. hatte ihn vor Jahren aus dem Haus
geworfen. Zuvor hatte der junge Mann den gesamten Garten des Hauses mit
alter Weltkriegsmunition “geradezu vermint”. Das berichten Nachbarn. Auch
der Vater von Marcel K. wusste nach eigenen Angaben, dass sein Sohn
Weltkriegswaffen suchte und sogar weiterverkaufte.