LENTZKE — Einen Freilandversuch mit gentechnisch veränderten Kartoffeln plant die Potsdamer Firma “Planttech Biotechnologie” auf einem Acker bei Lentzke. Auf einer rund zwei Hektar großen Fläche sollen zwischen 2002 und 2005 jährlich bis zu 12 500 transgene Kartoffelpflanzen angebaut werden — zu Forschungszwecken. Bei einem reibungslosen Abschluss des derzeit laufenden Genehmigungsverfahrens könnte die Aussaat bereits Mitte Mai beginnen.
Insgesamt 22 unterschiedliche Kartoffellinien der Sorte “Desirée” will Planttech auf der eigens gepachteten Fläche bei Lentzke (Flur 4, Flurstück 48) pflanzen. “Es handelt sich dabei um Kartoffeln, deren Stärkemetabolismus genetisch verändert wurde”, teilte die Planttech-Mitarbeiterin Ursula Uwer auf Fragen der MAZ mit. Die Eigenschaften der Stärke wurden künstlich verändert. Zu Markierungszwecken wurden in die Kartoffeln Gene eingeführt, die die Erdäpfel resistent machen gegen bestimmte Antibiotika und gegen den Herbizidwirkstoff Phosphinotricin, wie aus einer Bekanntmachung des Berliner Robert-Koch-Institutes (RKI) zu entnehmen ist. Zum Teil würden die einzelnen Linien bereits seit 1996 in Freilandversuchen getestet, zum Teil handele es sich um neue Linien: “In Labors und Gewächshäusern haben wir sämtliche Pflanzen aber schon hergestellt und getestet”, sagt der Biologe Markus Röver vom RKI. Doch um weiter forschen zu können, brauchten die Planttech-Wissenschaftler mehr Material. Deshalb sei der Freilandversuch in Lentzke nötig.
“Bis zum 15. April können Einwendungen gegen das Vorhaben bei uns eingereicht werden”, informiert Markus Röver. Sein Institut ist die für Genversuche zuständige Genehmigungsbehörde. Nach Ablauf dieser Frist werden die Einwendungen gesichtet und bewertet. Wenn dann auch das Umweltbundesamt und die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft sowie das Land Brandenburg keine Einwände erheben, wird die Genehmigung für den Freilandversuch erteilt. Gefahren für Mensch und Umwelt sieht Röver durch die Aussaat nicht: Kartoffeln stammen ursprünglich aus Südamerika und fänden deshalb unter den mittel€päischen Wildpflanzen keine Kreuzungspartner. Darüber hinaus würden Maßnahmen getroffen, die eine sichere Durchführung der Versuche gewährleisteten. Ähnlich sieht das auch der Fehrbelliner Biologe Peter Stallknecht: “Bei uns gibt es kaum artverwandte Nachtschattengewächse, mit denen sich die Gen-Kartoffeln kreuzen könnten.” Genversuche seien deshalb nichts anderes als das, was die Menschen seit Jahrhunderten durch das Züchten machten.
Dieser Auffassung widerspricht Thomas Janoschka. Der Sprecher des “Barnimer Aktionsbündnisses gegen Gentechnik” hält es für durchaus möglich, dass die in Lentzke angebauten, genetisch veränderten Kartoffeln auskreuzen werden, sich also ungewollt mit natürlichen Pflanzen mischen. Das Barnimer Aktionsbündnis arbeitet seit mehreren Jahren gegen die landesweit derzeit drei Freilandversuche. “Auch gegen den Standort Lentzke werden wir aktiv werden”, kündigt Janoschka an. “Wir sind prinzipiell gegen die Vorstellung, die Natur durch Gentechnik am Reißbrett entwerfen zu können. Der Mensch sollte nicht versuchen, Gott zu spielen.
Vor einigen Jahren kam es schon einmal zu einem Freilandversuch in der Prignitz: Die Firma Novartis säte in einem Pilotprojekt in Burghagen bei Perleberg gentechnisch veränderten Raps aus. Das Experiment wurde nach Bürgerprotesten im zweiten Jahr nicht wiederholt.
In Lentzke ist der geplante Anbau der Gen-Kartoffeln bisher kein Thema: “Diskutiert wird darüber im Dorf meines Wissens nicht”, sagt Bürgermeister Hans-Peter Erdmann. “Durch die Auslage der Unterlagen im Neuruppiner Amt für Immissionsschutz und die Bekanntmachung des RKI sei den gesetzlichen Bestimmungen über die Beteiligung der Öffentlichkeit ja Genüge getan, findet der Bürgermeister. Im Gemeinderat wurde das Thema bisher nur nichtöffentlich behandelt.