(Andrea Beyerlein; BZ) POTSDAM. Nach dem Hartz-IV-Landtagswahlkampf im vergangenen Jahr schien das Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und Sozialisten in Brandenburg auf lange Zeit zerrüttet. Ganz im Osten des Landes bahnt sich jetzt eine erneute Annäherung an. Im Landkreis Märkisch-Oderland haben SPD, PDS und Bauernverband eine Art Koalition geschmiedet — bevorstehender Bundestagswahlkampf hin oder her. Ein Teil der Akteure ist auch in der Landespolitik aktiv. Und SPD-Unterbezirkschef Gernot Schmidt sieht in der neuen Gemeinsamkeit durchaus auch Signale, die über die Kommunalpolitik hinaus gehen: “Das zeigt die Vielfalt in der SPD. Wir sollten nicht nur eingleisig fahren.”
Zwar gab es auch in der Vergangenheit schon SPD-PDS-Bündnisse in brandenburgischen Landkreisen. Doch unter der nach der Landtagswahl im September 2004 gebildeten rot-schwarzen Regierungskoalition in Potsdam hat keines gehalten. Und wohl noch nie wurden Absprachen so detailliert getroffen wie in der siebenseitigen Kooperationsvereinbarung für Märkisch-Oderland. Selbst Abstimmungen mit wechselnden Mehrheiten werden dort ausgeschlossen. Verabredet ist auch eine Verfassungsklage gegen die Finanzausstattung durch das Land.
SPD-Unterbezirkschef Schmidt beteuert zwar, dass Personalfragen nicht festgezurrt wurden — “auch wenn das keiner glaubt”. Es gilt nunmehr aber als sicher, dass der 43-Jährige selbst den Posten des Landrates übernimmt. Amtsinhaber Jürgen Reinking geht im November in den Ruhestand. “Wir sind das einzige linke Bündnis in Brandenburg”, sagt Schmidt.
Bis 2004 war er unter dem Vorsitz von Gunter Fritsch — der bis 1997 selbst Landrat von Märkisch-Oderland war — Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Als Fritsch dann auf Druck von Partei- und Regierungschef Matthias Platzeck nach den Wahlen diesen Posten abgeben musste und sich erst gegen Widerstände als Landtagspräsident durchsetzten konnte, folgte Schmidt ihm als Büroleiter. Gemeinsam sitzen die beiden auch im Kreistag in Seelow. Manche in der SPD nennen sie “die MOL-Mafia”, weil sie die Pläne der Potsdamer Parteispitze schon mehrfach durchkreuzt haben. Fritsch, auch stellvertretender SPD-Landeschef, begrüßt das neue Bündnis jedenfalls ausdrücklich: “Endlich haben wir klare Verhältnisse.”
Zu denen, die das neue Bündnis aufseiten der PDS mitgeschmiedet haben, zählt Kerstin Kaiser-Nicht, Vize-Fraktionschefin im Potsdamer Landtag und Kreisvorsitzende in Märkisch-Oderland. Wenn PDS-Landtagsfraktionschefin Dagmar Enkelmann im Herbst in den Bundestag wechseln sollte, gilt Kaiser-Nicht als die aussichtsreichste Kandidatin für ihre Nachfolge in der Landtagsfraktion. Kaiser-Nicht lobt die gegenseitige Berechenbarkeit in der Zusammenarbeit mit der regionalen SPD. “Wir kämpfen für einen inhaltlichen Erfolg. Dann könnte das auch Modellcharakter bekommen.” Die PDS soll in den Bündnis einen noch zu schaffenden dritten Beigeordneten-Posten bekommen.
Zerrüttet ist im Ostbrandenburgischen dagegen das Verhältnis zwischen SPD und CDU, obwohl man zusammen regierte. Aber als die CDU im Jahre 2003 zur stärksten Kraft wurde, ging die Koalition zu Bruch. Kreischef Dierk Homeyer — ebenfalls Landtagsmitglied — spricht von “unglaublichen Verletzungen”. Homeyer, der im Herbst für den Bundestag antreten will, hält Schmidt vor, nur um des Landratspostens Willen den Partner gewechselt zu haben. Und noch etwas ärgert ihn: “Die haben eine Alternative. Wir nicht.”