KÖNIGS WUSTERHAUSEN Nach wenigen Minuten ist die Arbeit getan. Mit geübtem Griff hat Günter Demnig das kleine Loch im Gehweg ausgehoben und die beiden “Stolpersteine” eingesetzt. Er verputzt die Stelle und fegt sie sauber. Die bronzenen Tafeln stechen aus dem Grau des Weges in der Bahnhofstraße 6 hervor.
Mit gesenktem Kopf lasen gestern Nachmittag die Gäste der Zeremonie die Inschrift: “Hier wohnte Max Jacobsohn. Deportiert 1942 nach Osten”. Der zweite Stein erinnert an seine Frau Paula. Vor der Friedrich-Engels-Straße 10a verlegt Demnig noch zwei weitere “Stolpersteine” für die Geschwister Sally und Rosa Jacob, auch sie wurden von den Nazis verschleppt und vermutlich in einem Lager ermordet. An das Schicksal der vier Königs-Wusterhausener, die einst angesehene Bürger der Stadt waren, soll mit dem Kunstprojekt erinnert werden. “Es war mir wichtig, die Namen der Menschen, die im Konzentrationslager nur noch Nummern waren, dorthin zurückzubringen, wo ihre Heimat war”, sagte Günter Demnig zum Auftakt bei der Feierstunde im Bürgerhaus. Der Kölner Künstler hat die bundesweite Aktion initiiert. Königs Wusterhausen ist die 96. Stadt, die sich daran beteiligt, mehr als 5000 “Stolpersteine” wurden schon verlegt.
“Wo war das gute Gewissen der bürgerlichen Kleinstadt? Warum regte es niemanden auf, dass die jüdischen Nachbarn abgeholt wurden? Warum war das überhaupt möglich?”, fragte Bürgermeister Stefan Ludwig (PDS) in seiner eindringlichen und bewegenden Ansprache, für die er viel Lob erhielt. Die “Stolpersteine” nannte er ein “sichtbares Zeichen” für das neue Gewissen der Stadt: “Aber ist es wirklich undenkbar, dass eines Tages wieder jemand sagt: dieser Nachbar ist weniger wert? Es gibt gute Gründe, diese Frage zu stellen und zu diskutieren.” Zur Verlegung der Steine kamen auch Schüler des Schiller-Gymnasiums, die mit dem Verein “Kulturlandschaft” die Schicksale weiterer jüdischer Bürger erforscht haben. “Dass es in der Nähe passierte, gleich nebenan, das ist erschütternd”, sagte Schülerin Lydia Brenz. Als einziger Stadtverordneter nahm Günter Wunderlich (PDS) teil. Die Finanzierung des Projekts übernahmen Sponsoren. paw