Potsdam — Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat in
ungewöhnlicher scharfer Form die Potsdamer Staatsanwaltschaft attackiert. Er
sehe in den Reihen der Potsdamer Ermittler die Grenze zum “Verrat von
Dienstgeheimnissen” überschritten.
Grund für den Wutausbruch bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten
sind Überlegungen einer Oberstaatsanwältin, gegen den Chef des
Landeskriminalamtes (LKA), Axel Lüdders, ein Ermittlungsverfahren wegen des
Verdachts der Strafvereitelung im Amt einzuleiten. Lüdders soll die
Staatsanwaltschaft Potsdam nicht deutlich genug auf den Verrat einer groß
angelegten Razzia in der rechten Szene Brandenburgs im Februar 2001
hingewiesen haben.
Die Juristin ermittelt seit Anfang Mai gegen den ehemals als V‑Mann beim
Brandenburger Verfassungsschutz geführten Neonazi Christian K., der einen
der bekanntesten Skinheads in Brandenburg — Sven S. — vor einer groß
angelegten Polizei-Razzia in der rechten Szene Anfang Februar 2001 gewarnt
haben soll. Das entscheidende Telefongespräch zwischen Christian K. und Sven
S. aus Borkwalde (Potsdam-Mittelmark) hatten Ermittler des LKA
mitgeschnitten. Daraufhin fertigte LKA-Chef Lüdders einen Vermerk für die
Bundesanwaltschaft in Karlsruhe an, dass der “Verrat” der Razzia aktenkundig
sei.
Die Bundesanwaltschaft hatte das Verfahren gegen Sven S. wegen
Volksverhetzung, das die Potsdamer Staatsanwaltschaft bereits im September
2000 eingeleitet hatte, übernommen, weil es Hinweise auf eine terroristische
Vereinigung im Umfeld von Sven S. gegeben haben soll. Nachdem die Razzia
geplatzt war, verliefen dem Vernehmen nach auch die Ermittlungen der
Karlsruher Bundesanwaltschaft zunächst im Sande.
Erst im Mai dieses Jahres begann die Staatsanwaltschaft Potsdam, das
Verfahren gegen Christian K. weiterzuführen. Dabei stellte die Ermittlerin
offenbar fest, dass der LKA-Chef zwar die Polizei über den Inhalt des
brisanten Abhörprotokolls informiert hatte, die Staatsanwaltschaft aber
nicht hinreichend. Nun glaubt die Oberstaatsanwältin, nachdem sie Lüdders
vor einiger Zeit als Zeuge vernommen hat, genug Anhaltspunkte für ein
Verfahren wegen Strafvereitelung im Amt in der Hand zu haben.