Am Morgen des 24.07.2005 fanden ca. 700 Bad Freienwalder Haushalte eine Ausgabe des Märkischen Boten in ihren Briefkästen. “Märkischer Bote”: Ein “Unabhängiges Mitteilungsblatt für den Nordosten Brandenburgs” oder nationale Propaganda des Märkischen Heimatschutzes?
Zumindest lässt es das Titelblatt vermuten, denn groß auf der ersten Seite ist Propaganda für die größte faschistische Jugendorganisation in Brandenburg, dem MHS, geschaltet. Vom Staatsschutz im Visier und von Gordon Reinholz als Agitator geleitet, ist die ca. 45 Mann große Gruppe wohl auch die gefährlichste.
Als Impressum ist nur ein Postfach angegeben, schade eigentlich, denn an ein solches ist eine Zustellung von Strafanzeigen nicht möglich. Als Verantwortlicher zeichnet wieder Gordon Reinholz, bei dem im Jahre 2003 Adressen und Kontaktdaten von Polizisten, Richtern, Staatsanwälten, Journalisten, Wissenschaftlern und Linken bei einer Hausdurchsuchung gefunden wurden. In Polizei-Kreisen nennt man solche Sammlungen “Schwarze Listen”. Man vermutet, dass dort unliebsame Gegner eingeschüchtert werden sollten, oder Schlimmeres.
Schon auf der ersten Seite lässt sich deutlich erkennen, dass liberale Themen, meist abgeschaut aus anderen Medien, immer mehr zu einem Blickfang für Rechtsextreme werden. Die Stadt Eberswalde wird dort als Ausbeuter des kleinen Menschen durch Privatisierung dargestellt. Aus dem Zusammenhang gerissen will man erklären, dass ausländische Industrieunternehmen deutsche Firmen schlucken könnten und die Preise um das dreifache steigen könnten. Dies beweist den Schwachsinn, denn Kartellkontrollmaßnahmen würden so eine übertriebene Erhöhung nicht hinnehmen, hier versucht das Blatt durch Lügen die Menschen zu beeinflussen.
Die Ausländerfeindlichkeit und der EU-Hass zeigt sich gleich daneben. Für die Erhöhung der Kosten für die Herstellung in der Landwirtschaft wird das Regelwerk der EU verantwortlich gemacht, obwohl jede Kuh durchschnittlich von der EU mit 2 bis 3 Euro pro Tag subventioniert wird und die Landwirtschaft gefördert wird. Für die drückenden Preise wird dazu noch die EU-Osterweiterung verantwortlich gemacht, das man dort nur versucht den Standart der EU zu erreichen und überhaupt erst mal konkurrenzfähig zu werden, wird einfach ausgeblendet. Die Verantwortung wird schlicht auf das Ausland abgeschoben.
Als nächstes nimmt man sich die Familienpolitik vor. In diesem Artikel soll gezeigt werden, wie sehr doch die Politik für Familien versagt hat, von realen Zahlenbeispielen und Fakten kann gar nicht die Rede sein. Angeblich muss man sich in den nächsten Jahren nach den Schulen richten “…die noch bestehen bleiben…”. Das Schulgesetz sieht vor, dass jeder Schüler das Recht auf Bildung hat und haben sollte und sich somit nicht unter seine Leistungen degradieren lassen muss. Als Grund für den Geburtenrückgang sieht der Autor die immer weiter zurückgehenden sozialen Leistungen für “deutsche Familien”. Dort ist nicht die Rede von Bildung für alle, sondern nur die Förderung deutscher Familien, darf man daraus schließen, dass andere Familien weniger wert sind? Die Hasswörter finden immer weiter ihren Höhepunkt. Es ist die Rede von “volksfeindlicher Politik” und “dem deutschen Volk”. Als Grund für ihre Verarmung wird ein völlig undurchsichtliches Steuer und Abgabensystem konstruiert, bei dem wenige Arbeitnehmer für viele Arbeitslosengeldempfänger und Rentner aufkommen müssten. Die Realität sieht anders aus: Das Geld zirkuliert nicht zwischen den kleinen Menschen, wie in ihren absurden Tagträumen, sondern es verteilt sich von unten nach oben, etwa 4% der Menschen besitzen ca. 50% des Kapitals in Deutschland.
Im gegenüberliegenden Artikel wird der Sozialpass, der in Schwedt vor kurzem eingeführt wurde, als Armutszeugnis ausgelegt. Dass dieser Ausweis den wirklich Hilfebedürftigen zugute kommt, wird nicht erwähnt. Stattdessen wird eine Pauschale für alle Bürger gefordert und die Abschaffung aller öffentlichen Einrichtungen. Wir fassen zusammen: im vorigen Artikel beschwert man sich über die Schließung von öffentlichen Einrichtungen und hier fordert man dazu auf. Bei diesem Schwachsinn fehlen einem die Worte.
Die Brutalität des Märkischen Heimatschutzes zeigt sich auch auf der nächsten Seite: Umrahmt mit Stacheldraht prangen die Worte “EU — Nein Danke”. Wirklich Kritik an der Verfassung kommt hier nicht zum Ausdruck, wieder wird ein sachliches Thema von Faschisten okkupiert. Das die PDS dieses Thema schon vor Monaten aufgegriffen hat und die unsozialen Artikel und den viel zu sehr auf den Markt ausgerichteten Text kritisierte und sie jetzt nur noch abkupfern, wird natürlich nicht erwähnt. Aus Kritik an einer Verfassung wird hier EU-Hass und Fremdenfeindlichkeit. Der ganze Artikel strotzt nur von Rassismus, der große Gedanke einer einheitlichen Verfassung, bei der alle Mitglieder gleich gestellt werden, wird hier ausgeblendet und als Unterjochung des deutschen Volkes dargestellt, so wird pauschalisiert, dass “…eine EU-Verfassung über dem Grundgesetz steht…”. Frei stellen sie sich gegen den Gedanken einer einheitlichen EU: “Wir die nationale und soziale Opposition in Deutschland, sagen NEIN zur EU und zur EU-Verfassung.” Eindeutig nationalistisch und eindeutig verfassungswidrig.
Der Höhepunkt findet sich im letzten Artikel, wo wieder einmal die deutschen Opfermythen hochgehalten werden. Schon in den ersten Zeilen kommt heraus, dass sich der 8. Mai für sie nur als Trauertrag begehen lassen kann. 20 Millionen sowjetische Kämpfer der ruhmreichen roten Armee starben im großen vaterländischen Krieg. Sie befreiten uns von Hitler und dem Faschismus in Europa. Dies kann nur als Tag der Befreiung gefeiert werden. Dennoch “eine noch nie da gewesene Demütigung unseres Volkes das mit Verbissenheit und dem Mut der Verzweiflung sich gegen die Niederlage stemmte.” Hier wird das deutsche Opfertum hochgehalten und die Gräber der gefallenen Befreier werden mit Füßen getreten. Die Ehrung der Opfer soll hier als staatlich angeordnet dargestellt werden und eine wirkliche Dankbarkeit gab es scheinbar in ihren Augen nicht.
Danach wird ein Vergleich von Japan nach Deutschland gezogen und wieder findet sich eine Verklärung der Geschichte, angeblich gedenkt man dort der Niederlage am 15. August, dass man dort den Angriffen der ersten Atombombe gedenkt und auch international um die Opfer trauert und Schuldeingeständnisse zugibt, wird nicht erwähnt. Für sie sind diese Tage Mahnung der Geschichte, was sie für uns auch sein sollten.
In diesem Artikel möchte ich auch Platzmangel nicht alle Artikel ansprechen, aber die größten und gefährlichsten des braunen Mobs habe ich hier dargestellt, es kann nur heißen, dass man sich solchen Leuten offen entgegenstellt und sie schon in den Anfängen verurteilt. Nie wieder darf von Deutschland eine faschistische Gefahr ausgehen. Dies kann nur mit Aufklärung erreicht werden und dem festen Glauben an eine wirkliche Demokratie, die sich mit Faschismus und deren Argumenten auseinander setzt und sie im Keim entlarvt und sie nicht überstreicht und als klein und unbedeutend abtut.
zusätzliche Quellen: