Pass abgenommen / Neonazi wollte offenbar im KZ den Holocaust leugen
(MAZ, 26.7.) POTSDAM Das brandenburgische Innenministerium hat nach Informationen der MAZ
gestern eine geplante Provokationsreise des Neonazis Horst Mahler in das
nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau nach Polen
vorerst verhindert.
Am Nachmittag wurde dem ehemaligen NPD-Mitglied in seinem Haus in
Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) eine Behördenverfügung zugestellt, die ihn
verpflichtet, Pass und Personalausweis umgehend auszuhändigen. Zudem wurde
das Bundesinnenministerium gebeten, Sorge dafür zu tragen, dass Mahler
Deutschland nicht illegal verlassen kann.
Nach Erkenntnissen mehrerer Verfassungsschutzbehörden hatte der Antisemit
Mahler mit Gesinnungsfreunden beabsichtigt, in der kommenden Woche in
Auschwitz den Holocaust an sechs Millionen Juden öffentlich zu leugnen.
Volksverhetzung kann in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug
bestraft werden.
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) kritisierte das Vorhaben als
“unglaubliche Provokation”. Bei dem geplanten Auftritt in Auschwitz — “dem
Symbol für die Nazi-Verbrechen” — gehe es Mahler “um nichts weniger, als die
Verbrechen der Nazis zu verniedlichen und die Opfer zu beleidigen”, erklärte
der Minister. “Unter dem Gesichtspunkt der historischen Verantwortung
Deutschlands für die Ermordung von sechs Millionen Juden wäre durch Mahlers
Auftritt massiver Schaden für erhebliche Belange der Bundesrepublik
Deutschland entstanden”, betonte Schönbohm. Die Verfassungsschützer, die die
Pläne aufdeckten, hätten “gute Arbeit” geleistet.
Erst vor Tagen habe ein rechtsextremes Vorauskommando Gaskammern in
Auschwitz vermessen sowie Film- und Fotoaufnahmen gemacht. Die Daten und
Bilder sollten offenbar als Beleg für die Behauptung herhalten, dass die
Nazi-Verbrechen ein weit geringeres Ausmaß hatten, als die
Geschichtsforschung nachgewiesen hat.
Im Mai waren Mahlers Pläne den Verfassungsschützern bekannt geworden — im
Umkreis des neonazistischen Intellektuellen-Zirkels “Deutsches Kolleg”, in
dem der 67-Jährige den Ton angibt. Vor zwei Wochen deutete sich zudem an,
dass Medien die Provokationen öffentlichkeitswirksam verbreiten sollten.
Details sind nicht bekannt.
Das “Deutsche Kolleg” besteht aus 40 bis 50 Mitgliedern, die das Dritte
Reich — besonders den Antisemitismus — verherrlichen. Unter
Sicherheitsexperten gilt es als “intellektuelle Speerspitze des deutschen
Rechtsextremismus”. Entstanden ist das “Deutsche Kolleg” 1994 aus dem
Leserkreis Berlin der Jungen Freiheit. Die Wochenzeitschrift “Junge
Freiheit” gilt als Publikation der so genannten neuen Rechten und wird von
mehreren Verfassungsschutzbehörden beobachtet, in Brandenburg jedoch nicht.
Radikalisiert hatte sich das “Deutsche Kolleg” mit Mahlers Beitritt 1999.
Seitdem ist der ehemalige Linksterrorist mehrfach mit antisemitischen
Äußerungen aufgefallen. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt seit zehn
Tagen wegen Volksverhetzung gegen Mahler. Ihm wird vorgeworfen, bei einer
Veranstaltung am 2. September 2002 von ihm verfasste Schriften mit
volksverhetzenden und antisemitischen Passagen verteilt zu haben.
Mahler hatte die NPD als Anwalt im Parteiverbotsverfahren vertreten. Nach
dem Scheitern des Verfahrens verließ Mahler die neonazistische Partei -
angeblich, weil sie ihm nicht extrem genug ist.