Das Fundament einer Brücke von Mahlow nach Birmingham ist gebaut. Am
Wochenende besuchten drei enge Freunde Noël Martins den Jugendsozialverein
Freunde der Herbert-Tschäpe-Schulen. Gemeinsam beriet man, wie ein
dauerhafter Kontakt aufzubauen ist zwischen dem märkischen Ort, wo Noël
Martin 1997 einen ausländerfeindlichen Angriff nur querschnittsgelähmt
überlebt hat, und der britischen Stadt, wo der Jamaikaner zu Hause ist.
“Wir brauchen jemanden in Birmingham, der für uns Kontakte zu Vereinen oder
Schulen knüpft”, sagt Uwe Schüler vom Schulförderverein und der Initiative
Tolerantes Mahlow. Bislang lief die Verbindung nur direkt über Noël Martin,
den Mahlower Jugendliche zweimal besucht haben. Eine dritte Fahrt wird es im
Herbst geben. “Vielleicht schaffen wir es, dass die Schüler in Zukunft bei
Gastfamilien wohnen und nicht in einer Pension”, so Schüler.
Die Gäste vom Wochenende wollen sich dafür in Birmingham einsetzen. Sie
trafen unter anderem mit den Jugendlichen zusammen, deren Fahrt im Herbst
ansteht, und besuchten die Stiftung Großes Waisenhaus in Potsdam, die den
Noël-und-Jacqueline-Martin-Fonds verwaltet. “Wir sind sehr enge Freunde von
Noël”, sagt Bernhard Parke über sich, Edwin Williams und Leroy Siwell, drei
“Jamaikaner mit britischem Pass”. Alle drei erfuhren damals über den Vorfall
in Mahlow nur per Telefon. “Es hieß, er hatte einen Unfall. Ich war zwar
geschockt, aber dachte mir noch, dass solche Dinge eben passieren”, erzählt
Williams. Erst später bekamen sie die Details mit, vor allem dass es kein
Unfall, sondern ein Überfall gewesen war. Sie wussten, dass es Rassismus in
Deutschland gibt. “Aber das gilt nicht für ein ganzes Land, nur für eine
Minderheit, und das kommt überall vor”, so Williams. “Aber wir wissen auch,
dass man nur ein Streichholz braucht, um ein Feuer zu entfachen.”
Besonders nah geht das Schicksal dem alten Schulfreund Leroy Siwell, dem
Noël Martin einst half, nach Großbritannien zu kommen und sich dort zurecht
zu finden: “Noël war für mich alles, jetzt helfe ich ihm, denn er hat eine
Tragödie nach der anderen erlebt.” Der Überfall, das Gefesselt-Sein an den
Rollstuhl, der Tod von Ehefrau Jaqueline. Früher sei Noël Martin ein
“Fitness-Freak” gewesen, ergänzt Parke: “Jetzt würde er demjenigen sein Haus
schenken, der ihn aufstehen und hinausgehen ließe.”
In England wurde Noël Martins Fall über Fernsehen und Zeitungen zwar
bekannt. “Doch die Leute vergessen, wenn sie den Mann gar nicht kennen, um
den es geht”, sagt Parke. Auch deshalb wolle er den Kontakt nach Mahlow
nutzen, um Menschen mit verschiedenen Kulturen zusammenzubringen: “Die
Kinder sind unsere Zukunft. Wenn wir sie nicht richtig erziehen, dann
bringen sie ihren Kindern später auch nicht das Richtige bei.” Sein
zwölfjähriger Sohn Troy lernt sogar Deutsch in der Schule und würde gern mal
in die Bundesrepublik kommen. Der Wunsch könnte sich bald erfüllen. Wenn
möglich soll im kommenden Jahr eine Jugendgruppe aus Birmingham Mahlow
besuchen und in zwei Jahren sollen ein oder zwei englische Teams bei der
Freizeit-Weltmeisterschaft im Fußball teilnehmen, die an der Tschäpe-Schule
vorbereitet wird.