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»Man muß mir überhaupt nicht dankbar sein«

Jus­tizbeamte wollen sich offen­bar an Fernse­hjour­nal­istin rächen. Dubiose
Vor­würfe. Ein Gespräch mit Gabi Prob­st vom RBB

Gabi Prob­st ist Fernse­hjour­nal­istin beim RBB (Rund­funk
Berlin-Bran­den­burg). Sie deck­te von 2003 bis 2005 mehrere
Gefäng­nis­skan­dale in Bran­den­burg auf und erhielt dafür den Pressepreis
des Deutschen Anwaltsvere­ins. Bei den Fernse­hbericht­en ging es u. a.
darum, daß Gefäng­niswärter Häftlinge für sich pri­vat arbeit­en ließen,
sie mißhan­delt oder unver­hält­nis­mäßig gefes­selt haben sollen. Ein
weit­er­er Vor­wurf ist unter­lassene Hilfeleistung. 

F: Die Staat­san­waltschaft wirft Ihnen Urkun­den­fälschung vor, weil Sie
auf einem Brief an einen Gefan­genen ein Pseu­do­nym als Absender verwendet
haben. Sehen Sie einen Zusam­men­hang zu Ihrer Berichter­stat­tung für das
Mag­a­zin »Klar­text« vom Rund­funk Berlin-Bran­den­burg (RBB) über die
Zustände in der Jus­tizvol­lzugsanstalt (JVA) Brandenburg/ Havel? 

Den Zusam­men­hang sehe ich dur­chaus. Ich halte das für eine
Retourkutsche, weil der Anzeigende, der der Leit­er der JVA Brandenburg
ist, nach mein­er Berichter­stat­tung über die dor­ti­gen Zustände erst
ein­mal vom Dienst sus­pendiert wurde. Und die Staat­san­waltschaft ist
genau diejenige, die ich kri­tisierte, weil sie die über 200
Strafanzeigen abgeschmettert hat, die Gefan­gene nach meiner
Berichter­stat­tung erstat­tet hat­ten. Ich habe das Pseu­do­nym benutzt, weil
Briefe, die ich vorher schrieb, nie bei den Gefan­genen angekom­men waren. 

F: Ihre Berichte führten dazu, daß einige JVA-Beamte Bußgelder zahlen
mußten. Gegen andere Beteiligte laufen ger­ade Prozesse oder sind
Ankla­gen erhoben wor­den. Eigentlich müßte die Jus­tiz Ihnen dankbar sein,
daß Sie schwarze Schafe »dingfest« gemacht haben. Die sollen sich ja
schließlich wegen Unter­schla­gung, Untreue, unter­lassen­er Hilfeleistung,
Kör­per­ver­let­zung und ander­er Delik­te straf­bar gemacht haben. 

Man muß mir über­haupt nicht dankbar sein, das ist meine Arbeit. Und
meine tief­ste Überzeu­gung ist: Die Gesellschaft und die mit der
Resozial­isierung Strafge­fan­gener Beauf­tragten haben nicht das Recht,
selb­st Straftat­en zu bege­hen. Es laufen ja noch einige Ver­fahren, in
denen die Vor­würfe gegen Jus­tizvol­lzugs­beamte geprüft wer­den. Wenn die
sich bestäti­gen, wie es in eini­gen Fällen schon geschah, dann freue ich
mich natür­lich, ein klein wenig zur Gerechtigkeit beige­tra­gen zu haben. 

F: Die Staat­san­waltschaft hat Ihnen vorgeschla­gen, das Ver­fahren gegen
Sie gegen 300 Euro Geld­buße einzustellen. Ist das akzept­abel für Sie? 

Ich frage mich, wofür ich die 300 Euro bezahlen soll. Ich habe ein gutes
Gewis­sen und bin mir kein­er Schuld bewußt, etwas Rechtswidriges getan zu
haben. 

F: Sie hät­ten ja eben­so als Absender Don­ald Duck aus Enten­hausen angeben
können … 

Natür­lich: In einem Geset­zeskom­men­tar heißt es, daß es in Ord­nung ist,
wenn der Adres­sat weiß, wer der Absender ist. 

F: Offen­bar ist hier nicht der Absender das Prob­lem, son­dern der
JVA-Leit­er, der durch Ihre Berichter­stat­tung beina­he seinen Job verloren
hätte … 

Das Prob­lem ist, daß ich des öfteren angezeigt werde, weil sich Leute
auf den Schlips getreten fühlen. Die Staat­san­waltschaft hat bish­er alle
Ermit­tlungsver­fahren eingestellt. Jet­zt kommt aber eine neue Qualität
hinzu: Die Staat­san­waltschaft fordert von mir die Angabe meiner
Pri­vatan­schrift. Ich ver­mute, daß sie Ein­blick in mein Pri­vatleben haben
und mich ein­schüchtern will. Wenn ich früher angezeigt wurde, hat sich
die Staat­san­waltschaft stets mit mein­er Dien­stadresse beg­nügt. Die
Behörde ging sog­ar so weit, daß sie mir 600 Euro Geld­strafe androhte,
falls ich die pri­vat­en Dat­en nicht herausrücke. 

F: Hat Sie die Dro­hung weichgemacht? 

Ich habe mich bis­lang geweigert. Aus gutem Grund bin ich seit acht
Jahren durch eine Sperre im Ein­wohn­er­meldeamt geschützt — es hat schon
Mord­dro­hun­gen gegen mich gegeben.

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